Es war am letzten Sonnabend im Juli. Der Roggenschnitt hatte begonnen, und die schöne Wirtin hatte heut die erste Gerste schneiden lassen. Die jungen Spatzen am Hinterdach des Wirtshauses über dem Kammerfenster der kleinen Anna waren ausgeflogen und saßen auf der Dachrinne zum Empfang der Gaben, die im reichen Maß von den Alten zugetragen wurden.
Der kleinste — der Nesthocker — saß noch auf dem Nestrand. Der wurde am fleißigsten berücksichtigt von den Alten wahrscheinlich, um beizubringen, was ihm den anderen gegenüber fehlte an Fleisch und Federn.
Die kleine Anna hinter dem Fenster war nichts weniger als ein Nesthocker. Ihr fehlte es nicht an Fleisch — aber nach der Meinung der Wirtin an Verstand und an Herz. „Du wirst schon noch beherzter werden!“ Hatte sie zu ihr gesagt, und „Dumm“ und „närrisch“ war sie von ihr genannt worden.
Den Herrn Querengässer hatten sie acht Tage lang nicht zu sehen bekommen. Wenn er das Wirtshaus von ferne sah, griff er mit der linken Hand ans Kinn und schob in schiefer Richtung weiter, nicht anders, als stände das Wirtshaus ihm zur Schmach da.
Wir wollen ihn laufen lassen, den Kob, und warten, bis ihm der Stadtschneider eine neue Hose etc. gebracht hat.
Es war ein heißer Tag, dieser Sonnabend. Nachmittag nach fünf Uhr, als bereits von den Bergen herab ein kühles Lüftchen floss — weich und schmeichelnd unter den Baumkronen hin, dass nur hie und da ein Blatt einmal einen schwachen Spielversuch wagte, — es schlug eben Einviertel auf der Kirche — stieg der Stadtorganist an dem Wirtshaus vorbei den Berg hinan — aber nicht hoch, weil er auch damals schon — kaum das Siebenunddreißigste hinter sich — kein Freund vom Steigen oder Klettern war.
Nicht hoch brachte er's. Da setzte er sich unter einen Akazienbaum nieder und blickte behäbig in den Ausschnitt der Schweizerlandschaft hinein.
In die Schweiz! Du lieber Gott, wenn der einmal in die Schweiz gekommen wär! Auf einen Alpenberg!
Wie gesagt, hoch hat der's nie gebracht. Er ist heut noch Organist; nicht einmal zum Kirchenmusikdirektor hat er's gebracht! Ich glaube, der Mann ist überhaupt etwas zu faul gewesen.
Da unter der Akazie hat's ihm gepasst. Da fühlte er sich an diesem Sonnabend glücklicher als unter einem Brahmsschirm.
Als er so etwa anderthalb Stündchen mit offenen Augen verträumt hatte, sah er den alten Helck aus O., den Bohrmeister beim Fabrikbesitzer C., über die Wiese kommen und dem Wirtshause zusteuern.
„Hätte eigentlich auch Durst“, dachte der Herr Organist. Woll'n ein wenig mit dem alten Helck plaudern.“
Durst! — Gesegnet der Mann, der den zum Begleiter hat! Es muss aber ein freier, natürlicher Durst sein, kein gezüchteter. So einen Naturdurst hatte der Organist, und zwar in zwiefacher Beziehung. Er trank auch gern aus den Tiefen der Natur Erquickung für die Seele.
Im Dorfwirtshaus ist es am Sonnabend leer. Die ländliche Bevölkerung ist am Sonnabend schlagmüd und kommt in den Arbeitszeiten, zur Saat und Ernte, spät abends zum Abschluss der Woche. Heutigen Tages ist das anders. In den Industriestädten werden die Fabriken am Sonnabend sogar anderthalb Stunde eher geschlossen als an anderen Tagen. Alle Vergnügungen, Theater, Bälle, Arbeiterspeisungen, Richtschmäuse, Feuerwehr- und Turnvereinsstiftungsfeste werden an den Sonnabenden erledigt — wenn's möglich ist —; gewöhnlich aber muss der Sonntag seinen Morgen dazu noch vorstrecken.
Wenn so ein altmodischer Bauer aus des Koatsmüllers Zeiten das heutige abendliche Samstagsleben sähe: er würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Einfach, weil er kein Verständnis für die jetzige Zeit hat. Sonst wurde der Montag blau gemacht. Heut lässt man den Sonntag und die Wahrheit blau anlaufen. —
Ist das ein Hochgenuss heutzutage, wenn das Zusammenschlagen der Kirchenglocken in die Wüste des Brummschädels hineinklingt und noch einen Schlafvers hervorzaubert! Einen unersetzlichen Reiz gewährt es, ein Morgenkonzert bei Zwiebelkuchen, italienischem Salat oder mariniertem Aal oder Hering zu genießen, wenn Kinder und alte Weiber aus dem Vormittagsgottesdienst heimziehen!
An diesem heißen letzten Julisonnabend, an dem der Organist „eigentlich“ aucd Durst hatte und sich zum Bohrmeister Helck schlug ins Haus der schönen Wirtin, — da war's da auch leer. Deshalb machte er den Vorschlag, sich in den Garten unter eine Akazie zu setzen.
Der Brauer Hermann brachte den beiden Gästen Bier dorthin und entfernte sich mit der Bemerkung: „Wenn Sie leer haben, geben Sie nur ein Zeichen! Hab vorne zu tun.“
„Es freut mich sehr“, sagte der Organist, „dass wir uns verwichen da getroffen haben, — so zufällig und ganz unerwartet. Ich hätte Sie nicht erkannt, wenn ich's nicht an der Sprache gehört hätte, dass Sie aus O. Sind.“
„Berg und Tal kommen nit zsamm, aber Menschen“, sagte Helck. „Herr Gott, wie die Zeit vergeht! — Weiß noch, wie Sie mit meinen Jungen Hengelbirn'n runter getan hab’n. Und nun hab'n Sie auch schon eine Reihe Kinder. Mein Christian selig war ein Schulkamerad von Ihnen, und nun liegt er auch schon etliche Jahre auf dem Gottesacker.“
„So ist's. So geht eins nach dem andern heim. Was macht denn der Müsersjakob?“
„Ist auch tot.“
„Und der Hennsenernst?“
„Auch begraben.“
„Fällt mir da eine Geschichte ein, die der Hennsenernst einmal auf dem Nachhausweg von Eisfeld her erzählt hat. Es war im Winter und war abends im Dunkelwerden. In Eisfeld war Jahrmarkt gewesen, und ich kam vom Herrn Tertius Apfel dort aus der Klavierstunde. Es war recht kalt, und es fror mich in meiner dünnen Jacke, dass ich nur so klapperte. Deshalb richtete ich mich so ein, dass ich hinter Marktmännern drein trollte, um Schutz gegen den scharfen Wind, der uns ins Gesicht strich, zu bekommen. Dabei fiel auch mancher Brocken für meine Neugierde ab, — Ich war dem Müsersjakob und dem Hennsenernst auf den Fersen, hauptsächlich des Hennsenernstes wegen, der einen großen Matin anhatte und dadurch zum Windschirm für mich ward.
Anfangs, zwischen Eisfeld und Crock, waren's der Männer drei, außer den Genannten noch der „dick Schneider“ von Crock. Der war aber kein Schneider, sondern mochte den Namen noch vom Groß- oder Urgroßvater her mit sich schleppen. Mit dem geriet der Hennsenernst in Zank, so dass beide einander Sack und Seil vorwarfen. Ehe in Crock der dick Schneider nach seinem Haus hin abschwenkte, kam es noch zu einigen kieselsteinernen Ausfällen zwischen den Erhitzten. Das letzte Wort des Hennsenernsten machte den dicken Schneider aber verstummen, und plötzlich war er um eine Hausecke hinum. — „Warst ja damals auch bei der Schülzlesgeschicht in unserm Haus. Und deine Frau ist auch dran gestorben.“ — Das war das schlimme Wort, mit dem der Hennsenernst dem dicken Schneider das Maul gestopft hatte.
Kaum hatten wir das letzte Haus von Crock hinter uns, als die Neugierde des Müsersjakob die Fühler armslang herausstreckte und ihre Krätzer so arg spielen ließ, dass der Hennsenernst wohl oder übel die Schülzlesgeschicht haarklein erzählen musste.
„Als ich in Meiningen ausgedient hatte und ausgekleidet worden war, lief ich über die Berge, über Suhl und Schleusingen herauf in den Bibergrund. Unsere Mutter war gestorben, mein älterer Bruder Karl besorgte mit dem Vater die Mühle und die älteste Schwester Lisbeth das Hauswesen. In der späten Nacht kam ich nach Haus. Anstatt durch meine unerwartete Heimkehr meinen Leuten eine Freude zu bereiten, wie ich erwartet hatte, stieß ich bei ihnen auf Verlegenheit, die ich bei meinem Vater — als die anderen sich verdrückt hatten — ins Peinliche steigerte.
Ich war ungehalten und wollte zu Bett gehen. Da sagte mein Vater: „Schläfst nicht oben; musst in der hintern Kammer schlafen.“ — „Warum soll ich nicht oben schlafen wie immer, wenn ich auf Urlaub war?“ „Es ist ein Herr oben seit acht Tagen.“ — „Wer? Was ist das für eine Heimlichkeit?“ — „Leg dich heut nieder; morgen sollst du’s erfahren.“ — „Ich war sehr müd und ging zu Bett.
Am folgenden Morgen wollte ich den Herrn kennen lernen. Da hieß es: Geht nit. Er lässt sich den ganzen Tag nicht sehen und steckt Tag und Nacht hinter verschlossener Tür. Da rechnet er. Er will berechnen, wie die Coburger Lotterie gesprengt werden kann. Und um Mitternacht empfängt er junge Frauen. Die stehen in seinem Dienst. Er will einen Schatz heben, der in der Crocker Kirche unter dem Altar verzaubert liegt. Es ist der Herr Schulz aus Saalfeld. —
Soviel ohngefähr hatten meine Leute herausbringen können; gerade genug! — Denn die Sache wurde so geheim gehalten, als wäre Todesstrafe im Spiel. Wenn aber zwölf Frauen im Spiel sind — so viel waren beteiligt —, da befindet sich das Geheimnis in einem Sieb. Keine Macht der Erde ist stark genug zum Verschluss eines solchen Behälters.
Die wenigen Tage, in denen das Schülzle noch sein Wesen in der Hennsenmühle hatte, reichten aus für mich zur Erforschung der dunkeln Geschichte.
Also zwölf junge Frauen waren im Spiel. Die hatten den nackten Oberkörper des Schülzle mit Haselruten zu peitschen. Diese waren mit weißseidenem Band umwickelt. Wenn das Band aller Haselruten vom Blut des Gegeißelten rot war, war die Prozedur vollendet. Dann sollte die Schatzhebung erfolgen. Damit die Natur die Widerstandsfähigkeit nicht verlieren könne, war Bedingung des Schülzle, dass ihm die nahrhaftesten Speisen und Getränke von der Geißelgesellschaft gereicht werden mussten.
Meine Schwester hatte die Gaben vor die Tür zu stellen und sich rasch zu
entfernen. Dann holte sie sich das Schülzle hinein und verriegelte wieder die Tür.
Ähnlich war das Verfahren bei der Abholung der Speisegeräte zur Reinigung.
Als ich mich einmal überzeugt hatte, dass der unheimliche Mensch schlief, sorgte ich für ein verstopfbares Loch in der Wand, um Beobachtungen anzustellen. Das Resultat derselben war, dass Schulz am Deckträger einen Hafen befestigt hatte, an dem er mit den gebundenen Füßen aufgehängt wurde, so dass der nackte Oberkörper in passender Höhe für die geißelnden Frauen hing. — Die Beobachtung dieses grauenhaften Geschäftes versetzte mich in eine andere Welt, und es trat mir der Angstschweiß dabei ins Gesicht.
Nachmitternacht holten die Männer ihre Frauen ab. Sie waren aus Crock. Ob auch aus O. welche dabei waren, ist mir aus der Erzählung des Hennsenernst nicht mehr erinnerlich.“
Der Bohrmeister Held guckte gradnaus und schüttelte während der Erzählung ein ums andre mal mit dem Kopf. Er entwickelte eine große Aufmerksamkeit, und der Erzähler merkte es ihm an, dass er ein besonderes Interesse an der Geschichte haben musste.
„Habt Ihr etwa schon einmal was von dem Schülzlesspuk gehört, Helck?“
„Ei, das kann sein, Herr Organist! Sogar gesehen hab ich davon. Und das Schülzle war verwichen sogar da im Wirtshaus. Es war an dem Abend, wo die Herrn im Stübchen so vergnügt waren und lustige Lieder gesungen haben, — gerade an dem Abend, da ich hier angekommen bin und hier übernachtete. Da hab ich ihn gefragt, ob er nicht vor etwa 35 Jahren sich einmal in der Gegend von Eisfeld aufgehalten habe. Aber er hat mir nicht geantwortet und hat sich wieder in das Stübchen zurückgezogen. Das war das Hexenschülzle, von dem der Hennsenernst erzählt hat.“
„Aber wie ging das zu, dass Sie auch davon gesehen haben?“
„Will ich hernach erzählen. Möcht' aber doch erst wissen, wie's in der Hennsenmühl selmal geworden ist. Hat der Ernst davon nichts erzählt?“
„Ja, freilich! Er hat den Kerl nicht mehr im Haus gelitten. Der Herr Schulz machte sich aus dem Staub. Anfangs wussten die Müllersleut nicht, wo er hingekommen, bloß, dass er in der stockfinstern Nacht von einigen Männern der Geißelfrauen abgeholt worden war. Später hatten sie munkeln hören, in Crock sei der Unfug im Verborgenen fortgesetzt worden.“
„Da sind wir auf dem Trichter! Dort hab ich gesehn, was ich vorhin meinte.“
„Nun erzählen Sie, Meister Helck, was Sie wissen.“
„Die Bohrung auf Steinkohlen bei O. hatte der Joseph Meyer in Hildburghausen, der das Mutungsrevier vom alten Pohl in Eisenach gekauft hatte, vornehmen lassen. Die Crocker Gruben waren zu arm, ihre Flöze zu lumpig. Meyer suchte nach mächtigeren Flözen in der Tiefe. Der alte pensionierte Stadtförster in Eisfeld war schon zu Pohls Zeiten Aufseher über die Crocker Bergwerke gewesen. Den hatte Meyer mit übernommen. Ich führte den Bohrer. Wir hatten schon eine große Mächtigkeit bewältigt, waren aber noch nicht auf Kohlen gekommen. Da hat ein Ioser Vogel, ein Crocker Bergmann (der dicke Otto), der mitbohrte, ein Schnupftuch voll Kohlen von Crock mitgebracht und hat sie, als ausgehoben war, heimlich ins Bohrloch, geschüttet. Als nach etlichen Tagen wieder ausgehoben wurde, hatten wir Kohlen. Da wurde schnell ein Bote zum alten Förster nach Eisfeld geschickt mit einer Probe von unserem Bohrmehl. Der alte Mann, der für seinen Beruf in Meyers Dienst schwärmte, kam in Eile an, aufgeregt, dass ihm sein Haarrest zu Berg stand.
„Kinder, dass ich das erlebt habe, macht mir große Freude! Heut wird nicht mehr gearbeitet! Macht Euch einen guten Tag! Was gegessen und getrunken wird, bezahl ich. Gleich einen Boten besorgt nach Hildburghausen an Herrn Meyer!“ —
Solchen Erfolg seines Streiches hatte sich unser Witzbold nicht träumen lassen. Dieses Kohlenstücklein wurde noch einigemal aufgeführt. Aber endlich merkte es der Alte, wie schwer man ihn hintergangen hatte. Als dann die sieben Zentner schwere Bohrstange aus nachgerolltem „Berg“ nicht wieder herausgebracht werden konnte, wurde das Bohrwerk unterhalb Crock an der „Weiße“ aufgeschlagen.
Und dorthin war zu uns die Kunde von dem Schülzle aus Saalfeld gedrungen. Im Crocker Wirtshaus werde das Männle in einer oberen Kammer gestäupt. Wir waren am neuen Bohrwerk meist junge Leute und zu mutwilligen Streichen stets aufgelegt. Der Kattersfrieder brachte es so weit, dass wir unser zwei, er und ich, uns nachts aufmachten nach Crock, die Geißelweiber zu beobachten. Die andern schüttelten die Köpf und meinten: das Männle kann einem was antun; das kann mehr wie Brotessen.
Überdies wurde wenig darüber geredet. So machten wir uns, der Kattersfrieder und ich, einmal heimlich bei stockfinsterer Nacht davon nach Crock. Denn wir fragten nichts nach dem Teufel.“
Der Bohrmeister Helck stopfte seine Pfeife aus und stopfte sie frisch. Da setzte der Organist ein.
„Ja, der Kattersfrieder! Der war ein Freund meines Bruders und erzählte in unserem Haus einmal, dass er in Crock damals mit Ihnen den Streich ausgeführt habe. Ihr hättet eine Feuerleiter geholt und wäret — mit einander abwechselnd — zu einem verschlossenen Fensterladen hinaufgestiegen und hättet durch einen Spalt desselben die Peitschung mit Ruten angesehen. Ich glotzte gradnaus. — Man jagte dann aber den neugierigen Buben ins Bett, und ich verkroch mich tief unter die Decke.“
„Sehn Sie? So war's! Sie kennen ja die Geschichte haarklein. Sie ist nunmehr in Crock und in O. vollständig vergessen. Ich glaube nicht, dass außer uns beiden noch jemand lebt, dem eine Spur davon bekannt ist.“
„Aber sagen Sie mir einmal, Meister Helck, was aus dem Schulz, dem Schatz und den Weibern geworden ist?“
„Ha, das ist recht heimlich alles wie von der Nacht mit hinweggenommen worden. Im „Verwaltungsamt“ hatte man Wind bekommen von dem Unfug. Und als man das Schülzle ins Verhör nehmen wollte, war er fort auf Nimmerwiedersehen, bis ich ihm vor drei Wochen dahier im Wirtshaus begegnete, wo er mit übernachtete. Ich hoffte ihn am Morgen beim Kaffeetrinken zu sprechen. Er war aber mit dem Frühsten schon über die „Lamper“, ohne bezahlt zu haben.
Und der Schatz wird wohl noch ungehoben unter der Kirche stecken. — Von den Weibern aber sind gleich im ersten Jahr fünf gestorben. Wenigitens glaubte man, dass sie am Schülzle gestorben seien. — Ob nicht damals das Nervenfieber herumgeschlichen ist und eine um die andere von den jungen Weibern mitgenommen hat? — Es wusste ja kein Mensch, wer eigentlich beteiligt gewesen war. Wir haben durch den Fensterladenspalt ja nur einige erkennen können. Und der Hennsenernst hat auch nichts verraten. Dem haben die Männer der Geißelweiber — wie er mir einmal anvertraute — das Maul gestopft, — der eine mit Geld, der andere mit einem Sack Weizen u. s. w. — Aber die Frau vom dicken Schneider war bestimmt dabei; die hab ich durch den Spalt erkannt, und die ist selmal dran gestorben, — an dem Schülzle. —
Aber nun kommt das Merkwürdigste noch! Berg und Tal kommen nit z'samm, aber die Leut! — Was sagen Sie dazu, Herr Organist, dass Fäden von der Crocker Geißelgeschichte draußen hierherein laufen in dies Wirtshaus?
Sie können sich denken, wie ich mich gewundert habe, als ich neulich herausbrachte, dass die kleine Anna eine Enkelin vom dicken Schneider ist. Ihre Mutter war im Saaltal verheiratet an einen Gurken- und Hirsenmann. Und daher kommt die Verwandtschaft mit der Wirtin.
Aber hier wollen wir von der bösen Sache still sein. Es darf kein Mensch was davon merken.“
Der Herr Organist schüttelte dem Meister Helck die Hand und fügte hinzu: „Bleibt unser Geheimnis!“ —
Und Helck meinte: „Die kleine Anna ist mir die liebst im Wirtshaus. Sie schenkt auch besser ein als die andern Weibsen.“ —
„Stimmt!“