Die evangelische Schlosskirche auf der Veste Heldburg

von Inge Grohmann


Abb. 1 Herzog I. der Fromme von Sachsen-Gotha-Altenburg
Abb. 1 Herzog I. der Fromme von Sachsen-Gotha-Altenburg

Im Jahr 1665 ließ Herzog Ernst der Fromme von Sachsen-Gotha (1601-1675) auf der Veste Heldburg eine neue Schlosskirche einweihen. Es handelte sich nicht um einen eigenständigen Kirchenbau, sondern der Herzog hatte zu diesem Zweck den südöstlichen Bereich des Heidenbaus im Innern umbauen und entsprechend einrichten lassen. Es war dies bereits der dritte Standort eines Sakralraums innerhalb der Burganlage.

An Literatur über den Bau der evangelischen Schlosskirche im Heidenbau der Veste Heldburg standen bisher hauptsächlich die Beiträge zur Erläuterung der Hochfürstlichen Sachsen-Hildburghäusischen Kirchen-Schul- und Landeshistorie aus dem Jahr 1750 von Johann Werner Krauss zur Verfügung.

Im Jahr 2009 erfolgten bauhistorische Untersuchungen von Studenten der Otto-Friedrich-Universität, Institut für Archäologie, Denkmalkunde und Kunstgeschichte. Für den Heidenbau stand dabei die Aufgabe, die hölzernen Tragwerke und Einbauten zu untersuchen und Rückschlüsse über Bautechniken, ursprüngliches Aussehen und nutzungsbedingte Einbauten des Innenraumes sowie die Gestaltung der Außenwände zu klären. [Ich danke Prof. Dr. Stefan Breitling für die Einsichtnahme in die Dokumentation: Bauhistorische und dendrochronologische Untersuchung der hölzernen Tragwerke und Einbauten im Heidenbau, Veste Heldburg, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Dr.-Ing. Dipl. Holzwirt Thomas Eißing, Studenten des Jahrgangs 2008/09.] Dadurch wie auch durch weitere Forschungen der jüngeren Zeit, letztlich im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen 2011 bis 2013, sind zumindest die Rahmendaten und das ungefähre Erscheinungsbild der Schlosskirche bekannt. [Vgl. Möser, Jörg: Die Sanierungsmaßnahmen im Französischen Bau und am Heidenbau; Scholz Jürgen: Das restauratorische Grundkonzept; Breitling, Stefan: Bauhistorische Untersuchungen; Metzner, Gydha; Scholz, Jürgen: Der Heidenbau – Fassungsbefunde an Fassaden und Innenräumen, sämtlich in: Berichte der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten Band 11, Die Veste Heldburg, Burganlage – Bergschloss – Deutsches Burgenmuseum, Beiträge zur Erforschung und Sanierung, Petersberg 2013.]

Seit kurzem stehen aussagefähige Dokumente zur Verfügung, die weiteren Aufschluss über die Baugeschichte der Heldburg und insbesondere über die evangelische Schlosskirche geben. Sie wurden erst im Jahr 2016 aufgefunden und für diesen Beitrag ausgewertet. [Es handelt sich dabei um ein 2016 vom Deutschen Burgenmuseum erworbenes, gegenwärtig noch unsigniertes und nicht tituliertes Konvolut im Umfang von 451 Blatt (im Folgenden: Aktenkonvolut Heldburg 1535 - 1713) Dieses enthält unter anderen folgende Einzeltitel: Kirchenbau und Mahlwerk auf dem fl. Schloß Heldburgk item das Kirchstüblein un.f. Herrschaft in der Stadt betr. Ao. 1662, 63, 64, Bl. 265 – 270; Der Kirchenbau aufn Schloss betr. und die Porkirchen in der Stadt 1662, 1663, Bl. 265-270; Bau und Ausbesserung des fürstlichen Schlosses und Amtsgebäude zu Heldburg betreffend 1618, 1645, 46, 47, 48, 49, 53, 54, 56, 57, 58, 59, 61, 62, 65, Bl. 325-432. Im Weiteren das unsignierte Dokument: Acta betr. den Bau der Schloßkapelle und Pfarrkirche zu Heldburg 1662-1664, Bl. 1-82.]

Anliegen dieser Ausführungen ist es, Entstehungsgeschichte und Gestalt der Heldburger Schlosskirche anhand der neu aufgefundenen Archivalien zu rekonstruieren.

 

 

Ernst der Fromme und die Veste Heldburg

 

Im Ergebnis der Ernestinischen Teilung 1640 entstanden neben Sachsen-Weimar die neuen Herzogtümer Sachsen-Eisenach und Sachsen-Gotha. Nach dem Aussterben der Linie Sachsen-Eisenach 1644 fiel das zugehörige Fürstentum Sachsen-Coburg einschließlich Amt und Veste Heldburg 1645 an Sachsen-Gotha. Herzog Ernst I., genannt der Fromme von Sachsen-Gotha war ein bedeutender Herrscher seiner Zeit, der durch umfassende Reformen und zahlreiche Verordnungen die Schäden des Dreißigjährigen Krieges zu überwinden suchte und das Land neu organisierte. Wichtige Stützen seiner Politik waren Kirche und Frömmigkeit. (Abb. 2)

 

Abb. 2 Isometrie Veste Heldburg, Schlosskirche mit aufgestellten Pfeilern
Abb. 2 Isometrie Veste Heldburg, Schlosskirche mit aufgestellten Pfeilern

1645 kündigte Herzog Ernst erstmals seinen Aufenthalt auf der Veste Heldburg an, dem jährlich mehrmalige, teilweise wochenlange Besuche, folgen sollten. Einer seiner Nachfahren, der Sachsen-Hildburghäuser Erbprinz Joseph (1789-1868), bezeichnete 1825 die Veste sogar als Lieblingsaufenthalt Ernst des Frommen. [ThStaMgn, Hofmarschallamt, Hofbauamt Nr. 87.] Gelegentlich wurde der Herzog vom gesamten Hofstaat begleitet. [ThStaMgn, Amtsarchiv Heldburg, Nr. 3204.] Damit bei fürstlicher Ausrichtung nicht jedes Mal mit allerhand Beschwernis Hausgeräte und andere Ausstattungsteile aus der Stadt geborgt werden mussten, ordnete er am 5. Oktober 1661 eine Aufstockung des Inventars an. Er bewilligte dafür 20 Gulden. Angekauft wurden verschiedene Gerätschaften für Küche, Keller und Stall, Essgeschirr aus Zinn und Holz, Lehnstühle und Tischwäsche sowie Bettzeug, Handtücher und zahlreiche verschiedenartige Leuchter für die Gemache. [Aktenkonvolut Heldburg 1535 – 1713, Bl. 419.]

Die Gegebenheiten für die Ausübung des Gottesdienstes, die Ernst der Fromme bei seinen Besuchen auf der Veste Heldburg angetroffen hatte, erfüllten offensichtlich nicht die Ansprüche des tiefgläubigen Regenten. Im September 1662 äußerte er gegenüber dem Heldburger Amtsverwalter, Gottfried Wilhelmi, seine Absicht, auf der Veste Heldburg eine Kapelle einzurichten.

Die Veste Heldburg mit einem Kirchenraum auszustatten, war für Ernst den Frommen sowohl landesherrliche Aufgabe in dynastisch-konfessioneller Tradition als auch Ausdruck seines persönlichen Selbstverständnisses als bekennender und überzeugter Lutheraner.

 

Abb. 3 Jungfernbau, Hoffassade (Bild von TSG, Berichte Bd. 11)
Abb. 3 Jungfernbau, Hoffassade (Bild von TSG, Berichte Bd. 11)

Die vorreformatorische Burgkapelle und die frühneuzeitliche Simultannutzung des Festsaals als Kirchensaal

 

Die erste Kapelle auf der Veste Heldburg befand sich im sogenannten Jungfernbau. Dieses Gebäude in der 1317 erstmals urkundlich erwähnten Veste Heldburg – seinerzeit Amts- und Gerichtssitz der Grafen von Henneberg – wurde jüngeren Forschungen zufolge [Schmidt, Michael: „an die maler gein Helpurg“. Die Burgkapelle der Veste Heldburg und die Fresken Lucas Cranachs des Älteren. Bauforschung und Sanierung. In: Jahrbuch der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, Bd. 4, 2000, 1.Auflage, Rudolstadt, 2001, p. 29. Zur Baugeschichte der Veste Heldburg siehe auch: Die Veste Heldburg. Burganlage – Bergschloss – Deutsches Burgenmuseum. Beiträge zur Erforschung und Sanierung,
Berichte der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, Bd. 11, Petersberg 2013; Fleck, Niels; Großmann, G. Ulrich; Paulus, Helmut-Eberhard: Veste Heldburg. Amtlicher Führer, 2. vollständig überarbeitete Auflage, Berlin 2016.] in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts errichtet. Der Bau hatte in der Ostwand drei Rundbogenfenster, er war somit vermutlich von Anfang an als Kapelle konzipiert. Unter dem sächsischen Kurfürsten Friedrich dem Weisen (1463-1525) erfolgten zahlreiche Baumaßnahmen auf der Veste. Dabei erhielt der Jungfernbau 1490 einen zweigeschossigen Fachwerkaufsatz mit einem Satteldach, wie der Amtsrechnung des Jahres 1490 zu entnehmen ist: „LXX fl. geben meyster claussenn Erhard, dem zymerman von eyn neues hauße ober der Kirchen zu Helpurg uff dem Schlosse bei seyn eign holtz zumachen ist ym also angedunget.“ [Thüringisches Staatsarchiv Meiningen (ThStA Mgn), Abt. II, Heldburger Amtsrechnungen, 1490, fol. 22r.]

Weitere Auflistungen in den Amtsrechnungen von 1500 bis 1510 weisen auf eine umfassende Neugestaltung der mittelalterlichen Kapelle hin. Das Inventar aus dem Jahr 1510 kündet von einer überaus reichen Ausstattung mit wertvollen Ampeln, Monstranzen, Kelchen und Messgewändern, welche in Nürnberg beschafft und in Würzburg geweiht worden waren. [ThSTA Mgn, Abt. II, Heldburger Amtsrechnungen 1502, fol. 35r; ebenda 1509 - 1510, fol. 54r- 54v; ebenda 1509/1510, fol. 162v - 163r.] Einen gestalterischen Höhepunkt bildete die 1507 entstandene Ausmalung, die Lucas Cranach dem Älteren und seiner Werkstatt zugeschrieben wird. [Vgl. Schmidt, Burgkapelle, 2000.] Am 9. Mai 1507 schickte der Coburger Kämmerer Degenhart Pfeffinger einen Boten „mit etlichem gerethe und briven […] an die maler gein Helpurg“. [Staatsarchiv Coburg LA F Nr. 1588 fol. 53v.] Das ikonographische Programm der Ausstattung kann heute nicht mehr nachvollzogen werden. Als im Jahr 1941 eine Neugestaltung erfolgen sollte, waren nur noch einzelne Heilige sichtbar, umgeben von Rankwerk und gotischen Schriftbändern. Der Großteil der Malerei war durch Umbauten im 16. Jahrhundert sowie durch die Einwirkung von Feuchtigkeit und Nässe in den vergangenen vier Jahrhunderten verloren gegangen.

Ein genaues Datum für die Auflassung der Burgkapelle lässt sich nicht feststellen. Der Grund ist im Wechsel der Konfession zu sehen.

In der Stadt Heldburg wurde bereits im Jahr 1522 in der neuen, kaum mehr als rohbaufertigen Kirche die erste evangelische Predigt gehalten. Im Zuge der ersten kurfürstlich angeordneten Kirchenvisitation 1528 wurde Friedrich Schwalbe als Pfarrer und Superintendent in Amt und Stadt Heldburg eingesetzt. [Krauss, Johann Werner, Beiträge zur Erläuterung der Hochfürstlichen Sachsen-Hildburghäusischen-Kirchen- Schul- und Landeshistorie, I. Teil, Greiz, 1750, p 129.] Schwalbe hatte 1515 an der Universität Wittenberg studiert und zählt zu den unmittelbaren Anhängern Luthers. [Friedrich Schwalbe war 1515 an der Universität Wittenberg immatrikuliert (Album Academiae Vitebergensis, 1502 – 1560, hg. von Karl Eduard Förstermann, Leipzig 1841, S. 57), anschließend Pfarrer in Schney bei Lichtenfels. Sein Sohn gleichen Namens studierte 1535 ebenfalls in Wittenberg (ebd., S. 157); bei seinem Enkel war Philipp Melanchthon Taufpate. Zu Schwalbe siehe Möller, Bernhard; Heller, Paul: Thüringer Pfarrerbuch, Bd. 9, Herzogtum Sachsen-Coburg (Pflege Coburg) mit Amt Königsberg in Franken, Neustadt/Aisch 2015/2016, S. 286 f.] Schwalbe bekam 1535 den Kaplan Hans Schmidt als Gehilfen. Dieser sollte sich alle 14 Tage auf die Veste begeben, um dort das Evangelium zu predigen. [Krauss, 1750, p. 117.] 1545 wurde ein Vikar aus Gellershausen dafür vergütet, dass er „alwege uffs Schloß Helberg gehen, predigen, und die Sacrament reichen soll, denen die es begehren.“ [Krauss, 1750, p 125.] An dieser Regelmäßigkeit ist zu erkennen, dass das Evangelium nicht nur gepredigt wurde, wenn Hoflager gehalten wurden. Ob dies in der Burgkapelle oder bereits an anderem Ort erfolgte, wird nicht erwähnt.

Die endgültige Profanierung der Kapelle erfolgte im Zuge der einschneidenden Umbauarbeiten der Burg zur Schlossanlage unter Herzog Johann Friedrich dem Mittleren ab 1558. (Abb. 3)

 

Abb. 4 Ehemaliger Standort der Kanzel im Saal des Französischen Baus
Abb. 4 Ehemaliger Standort der Kanzel im Saal des Französischen Baus

Im westlichen Burgbereich wurde aus den vermutlich drei bis dahin frei stehenden Bauten, dem Jungfernbau, dem Torhaus und dem Kommandantenbau eine zusammengefügte Anlage mit einheitlichen Geschosshöhen geschaffen. In diesem Zusammenhang wurde in der Kapelle im Jungfernbau ein Zwischengeschoss eingezogen und dort die Amtsstube mit einer Kammer daneben untergebracht. Im darüber liegenden Stockwerk entstanden zwei Wohneinheiten aus Stube und Kammer. Das östliche Appartement erhielt nachfolgend einen direkten Zugang zu dem großen Saal des ab 1561 entstandenen Französischen Baus. Dieses Appartement war den Inventaren des 17. Jahrhunderts zufolge dem Hofprediger vorbehalten. [Hagenguth, Claudia: Die Baugeschichte der Veste Heldburg in Mittelalter und Früher Neuzeit, in: Berichte der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten Band 11, 2013, p. 17-36. Weist Frau Hagenguth hier wirklich auf die Nutzung durch den Hofprediger hin? Wenn nicht, würde ich hier stattdessen direkt auf die Quellen, dh. auf den entsprechenden Grundrissplan und ggf. auf ein Inventar verweisen.] Die vormalige Burgkapelle geriet wohl schon bald in Vergessenheit, denn sie wird in den Beschreibungen des 17. und 18. Jahrhunderts nicht erwähnt.

Die Pflege des Gottesdienstes plante Herzog Johann Friedrich der Mittlere (1529-1595) im großen Saal des Französischen Baus. Noch heute ist der Standort der einstigen Kanzel an der Nordseite neben dem großen Wendelstein ablesbar, zu welcher der Zugang über eine Mauernische im Treppenhaus führte.

 

Spätestens ab 1564 konnte in diesem Saal der Gottesdienst abgehalten werden.

Einhundert Jahre später dürfte eine Doppelnutzung des Saales, sowohl für Gottesdienste als auch für profane Feierlichkeiten, nicht im Sinne Ernst des Frommen gewesen sein, zumal bereits Mitte des 17. Jahrhunderts die Wände mit 69 Hirschgeweihen und anderen Jagdtrophäen dekoriert waren. [ThStA Mgn, Ältere Rechnungen, Amtsrechnungen Heldburg 1669.]

 

Planung und Entstehung der neuen Schlosskirche im Heidenbau

 

Der sogenannte Heidenbau an der Ostseite der Burganlage war unter Friedrich dem Weisen 1509/1510 errichtet worden. Er diente zunächst vornehmlich als Wirtschaftsgebäude mit Stallungen und Lagerräumen sowie mit Wohnräumen für das Hofgesinde. Der erstmals in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts belegte Name „Heidenbau“ dürfte auf das in der Region verwendete Attribut „heiden“ für groß zurückzuführen sein. Bei dem Ausbau der Burg zum repräsentativen Bergschloss unter Johann Friedrich II. war durch einen Durchbruch im Heidenbau eine zweite Tordurchfahrt auf den Burghof geschaffen worden. Der ursprünglich fast das gesamte Hauptgeschoss einnehmende Reitstall war durch diesen Umbau in zwei separate Stallungen südlich und nördlich der Tordurchfahrt unterteilt worden. Die Umwandlung des südlichen Stalls in eine Schlosskirche sei nachfolgend näher betrachtet.

Am 10. Februar 1662 hatte der Amtsverwalter der Veste Heldburg von seiner fürstlichen Herrschaft den Auftrag erhalten, einen Anschlag zur Wölbung des Reitstalles im Heidenbau einzureichen. Demnach sollte das Gewölbe 46 Schuh lang, 57 Schuh breit und 13 Schuh hoch sein. Der Maurer forderte dazu 300 Steine, einen Brand Kalk, 30 Gulden Lohn sowie die Zuordnung notwendiger Handlanger. Die Zimmerleute sollten das Deckengestell fertigen. Zur Überwölbung des Reitstalles kam es jedoch nicht. [Aktenkonvolut Heldburg 1535 – 1713, Bl. 417.]

Im September 1662 erbat Herzog Ernst der Fromme von Gottfried Wilhelmi einen Vorschlag, wo man auf der Veste Heldburg eine Kapelle einrichten könnte. Der Amtsverwalter schlug den Umbau des Reitstalles im Heidenbau vor. Als günstig erwies sich dabei die direkte Erreichbarkeit des geplanten Kirchenraums von den fürstlichen Wohnräumen im benachbarten Renaissancebau.

 

Abb. 5 „Riss des Kirchenbaus zu Heldtburg im Heydenbaw gegen den neuen Baw“
Abb. 5 „Riss des Kirchenbaus zu Heldtburg im Heydenbaw gegen den neuen Baw“

Vom Weizenboden über dem Reitstall sollte, soweit die Stallung ging, die Decke ausgeschnitten werden. Damit würde eine Höhe erlangt, die über zwei Stockwerke reicht. Allerdings galt es, die kleine Küche und das Speisekämmerchen der Herzogin zu verlegen, die an der Südwand eingebaut und von ihrem Appartement zu erreichen waren. Der bisherige Eingang in die kleine Küche sollte dann als herrschaftlicher Zugang auf die Empore [Auch gelegentlich Porkiche genannt.] genutzt werden. Der Amtsverwalter empfahl, die kleine Küche eine Etage tiefer, neben die Badestube, zu verlegen. Außerdem meinte er, dass die Kelter, die sich im Gewölbe unter dem Reitstall befand, nach Streufdorf „translociert“ werden könnte, da sie ohnehin wegen großer Beschwerlichkeit kaum zu nutzen wäre. [Ebenda, Bl. 266.]

Die Idee zur Einrichtung der Kapelle anstelle des Stalles im Heidenbau fand die Zustimmung des Herzogs. Dieser schickte am 6. Dezember 1662 seine Anweisung an den Amtsverwalter Gottfried Wilhelmi und bezog sich auf dessen Vorschlag, „[...]aus dem hinteren Stall mit der kleinen Küche eine Capell auffs Schloß Heldburg anzurichten, darzu auch der Weitzen Boden soweit auszuschneiden [...]“. Ehe aber Näheres befohlen wurde, verlangte er „[...]ein Riß nach dem vereinigten Maßstab [...] wie weit und breit es kommen möge, wann die kleine Küche weggerißen auch der Weitzen boden durchgeschnitten würde.“ Auch wünschte er entsprechend dem Vorschlag, „[...]daß die Pohrkirche über dem halben Thor[...]“ gemacht werden könnte. Der Amtsverwalter sollte eine Zeichnung einreichen und sich rechtzeitig um „Wölbsteine“ kümmern. Im Postscriptum wurde angemerkt, dass sich der Baumeister Casper Vogell in Würzburg befände und auf der Rückreise die Veste besuchen solle, um sich dazu seine Meinung zu bilden. [Acta Bl. 5.]

Um für die Herzogin wieder eine Küche einzurichten, wurde schließlich vorgeschlagen, dafür den Vorraum zu ihrem Gemach zu verwenden. Es wäre in den Raum eine Scheidewand zu ziehen, die auch das Fenster teilen würde, damit sowohl der verbleibende Vorraum wie auch die Küche belichtet werden könnten.

Im Weiteren sollte der Amtsverwalter in der Zwischenzeit die Krippen und Raufen aus dem Stall entnehmen und ins darunterliegende ehemalige Keltergewölbe bringen lassen. Wegen des mittigen Pfeilers sollte gewartet werden, bis der Baumeister Casper Vogell aus Würzburg einträfe.

Zur Anfrage des Herzogs erläuterte der Amtsverwalter in einem Schreiben vom 19. Dezember 1662 seine Vorstellungen über die Ausrichtung der Kirche. Diese sollte auf Grund der örtlichen Gegebenheiten nicht nach Osten – wie gemeinhin üblich – sondern nach Süden erfolgen. Das würde bedeuten, dass der Altar an die Südwand zu stellen wäre. Der fürstliche Stand sollte, wie vom Herzog gewünscht, an der Westseite platziert werden. Der Zugang müsste so angelegt werden, dass er unmittelbar von den Gemächern der Herzogin erreichbar wäre. Auf der Nordseite, dem Altar gegenüber, sollte die Sing- oder Musikantenempore [auch Singchor genannt] errichtet werden. Allerdings müsste diese durch zusätzliche Säulen abgestützt werden. Außerdem kam noch einmal der Pfeiler zur Sprache, der das hohe Gewölbe des Raumes zu stützen hätte. Könnte man das Gewölbe nicht auf die Mauern bringen, so sollten dafür noch halbe Pfeiler gesetzt werden.

Für den Predigtstuhl wurde die Ostseite gewählt. Daraus ergab sich eine klassische protestantische Ordnung, wonach die Kanzel ihren Platz gegenüber dem fürstlichen Stand hat, weil besonderer Wert auf die Wortverkündung gelegt wurde. [Vgl. Fleck, Niels: Konfession und Memoria. Zu den Schlosskirchen der ernestinischen Residenzen in Thüringen (Jahrbuch der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, Bd. 19, 2015), Regensburg 2016, p.70.] Der übrige Teil dieser Seite mit den Fenstern sollte frei bleiben, damit der Kirchenraum ausreichend belichtet würde. Die Fenster sollten in ihrer Größe einander angeglichen und darüber hinaus noch weitere durchgebrochen werden.

In die Maueraussparung am Platz der ehemaligen Küche wäre die Sakristei einzurichten. Wie bereits vom Herzog angeraten, sollte das Vorgemach der Herzogin geteilt werden. Dies sollte so erfolgen, dass beide Fenster, sowohl das Fenster nach Osten, wie auch das nach Süden, mit dieser Trennung geteilt würden. Eine Speisekammer könnte man ersparen, wenn man einen großen Schrank aufstellen würde. Die Steine vom alten Herd könnten wiederverwendet werden. Für den Schlot wären Steine in Holzhausen vorrätig. [Aktenkonvolut Heldburg 1535 – 1713, Bl. 26.]

Als schwierige Aufgabe bezeichnete Wilhelmi den Ausschnitt des Weizenbodens. Dieser sollte nach Vorgabe des Herzogs so erfolgen, dass die Flächen für die beiden Emporen erhalten blieben, der Rest aber ausgeschnitten würde. Dazu müssten jedoch erst noch Bausachverständige herangezogen werden. Der geforderte Riss wurde eine Woche später der Herrschaft übergeben. (Abb. 5)

 

Dass sich der Herzog sehr gründlich mit diesem Projekt beschäftigt hat, zeigen seine wiederholten Anfragen und Anweisungen. Er teilte am 3. Januar 1663 mit, dass er dem vorgelegten Riss grundsätzlich zustimme. Was den Durchbruch der Fenster beträfe, sollte auf die Begutachtung durch den Baumeister Casper Vogell gewartet werden. Die Kapelle sollte aber nun nicht gewölbt werden, weil nach jüngsten Untersuchungen der Estrich des oberen Bodens als fest und gut genug beurteilt wurde, um zu halten. Da gegenwärtig das Wetter günstig sei, solle sich der Amtsverwalter um alle Materialien wie Steine, Kalk, Holz oder Scheiben für Fenster (die aus Nürnberg bezogen werden sollten) kümmern. Blei und Schnellloth [Zinn] könnten von Gotha nach Heldburg geschickt werden. Außerdem wünschte der Herzog einen Kostenanschlag, der auch die Anforderungen für die Emporen, Ständer und den Predigtstuhl enthalten sollte. Auf Sparsamkeit bedacht, verlangte der Herzog, dass sämtliches Holz vom ausgeschnittenen Weizenboden wiederverwendet werde, zum Beispiel für die Küche der Herzogin oder für die Emporen und den Predigtstuhl. [Acta Bl. 14-15, Deutsches Burgenmuseum.]

Am 10. Februar 1663 legte der Orgelbauer Ernst Moritz aus Gotha sein Angebot für die Herstellung einer Orgel vor, dem auch die Materialliste beilag. An Lohn verlangte er einhundertdreißig Gulden zuzüglich Kosten für Material, das rechtzeitig bestellt werden müsste. Die Orgel solle nach Ablauf eines Jahres fertiggestellt werden. [Ebenda Bl. 16.*]

Am 13. Februar waren die Arbeiten für den neuen Kirchenraum bereits in vollem Gange. Der Amtsverwalter konnte an Herzog Ernst berichten, dass die Wände der ehemaligen Küche abgebrochen, Futterkrippen und Raufen aus dem ehemaligen Stall herausgenommen und mit dem Holz vom bisherigen Stall in der darunterliegenden früheren Kelter wieder eingebaut wurden. Auf den Fußboden wurden dort die Scholhölzer wieder aufgelegt, die im alten Stall abgenommen worden waren. Das Ausbrechen und Bergen der Fenster hatte der Amtsverwalter den Maurern in Auftrag gegeben. Die Zimmerleute waren mittlerweile mit dem Ausbrechen des Weizenbodens beschäftigt und sortierten das brauchbare Holz aus. Das Eichenholz für die Anfertigung der Fenster sollte aus dem Straufhain [herrschaftlicher Wald an der Ruine Straufhain bei Streufdorf] angeliefert werden. Der Amtsverwalter schlug vor für den Fall, dass nach dem Ausschneiden des Weizenbodens kein Gewölbe eingezogen würde, ein Hangwerk als Befestigung einzubringen, wozu Balken und Träger aus den Pfeilern des bisherigen Stalls gewonnen werden könnten. Benötigt wurde noch ein Brand Kalk. Holz für Säulen, welche die Fürstenempore tragen sollten und Dielen oder Bretter für die Emporen, wie auch zur kleinen Küche und zum Predigtstuhl, sollten in Eisfeld abgeholt werden. [Acta Bl. 17-19.]

Noch immer wurde auf den Baumeister Casper Vogell gewartet, der genaue Instruktionen für den Ausschnitt des Weizenbodens geben sollte. Er sollte auch entscheiden, welcher Art Säulen und Gebälk als Träger für die Decke einzubringen wären sowie Anweisungen für den Durchbruch und die Größe der Fenster geben. Auch sollte eine Entscheidung getroffen werden, was mit der mittig im Stall stehenden Säule geschehen solle, die bisher die Decke gestützt hatte.

Der Amtsverwalter fragte an, „[…]ob der Steinerne Predigtstuhl so uff dem Saal steht in diese Kapelle zu transportieren, und ob nicht hernach vom Stein-Metzen eine steinerne Säule dazu uff derselben zu stehen könne darzu ausgearbeitet werden soll, erbitten demnach des Baumeisters mit Verlangen.“ [Ebenda.] (Abb. 6)

 

Abb. 6 Anordnung Ernst der Frommen für das Umsetzen der Kanzel, Faksimile
Abb. 6 Anordnung Ernst der Frommen für das Umsetzen der Kanzel, Faksimile

Die Antwort des Herzogs vom 11. März 1663 lautete: „Der Predigt Stuhl auffn Sahl soll in diese Capell gebrauchet und eine steinerne Seule deinen fürschlage nach zubereittet werden.“ [Acta Bl. 20.] Weiter heißt es: „[…] weil nun der Predigtstuhl vom Saal hinunter in die Kirche solle geführt werdten, denselben so zu fuhren dass er kein Fenster bedarf, sondern das zwischen an Pfeiler zusehen können […]“ [Ebenda, Bl. 21.]

Wie gründlich sich der Herzog mit dem Bauvorhaben auseinandersetzte, zeigt erneut sein Memorial vom 6. April 1663. Er wünschte zu prüfen, ob die Fenster im unteren Stock zugemauert werden können, ob dann noch genügend Licht vorhanden sei und an welchen Stellen im Kirchenraum die Fenster eingebrochen werden sollten. Bei der Entfernung der großen Säule, welche die Decke gestützt hatte, sollte jegliche Gefahr ausgeschlossen werden. Da der Zugang zur Musikempore wegen der Wölbung der darunter befindlichen Tordurchfahrt sehr schwierig sei, möchte er wissen, wie die Stiege angelegt werden könnte und ob das dortige Fenster nicht höher sein müsste, um die Empore entsprechend zu belichten. Was die Küche der Herzogin betraf, war er mit dem Vorschlag entsprechend der vorgelegten Zeichnung einverstanden. Der beauftragte Orgelbauer aus Gotha sollte selbst kommen und den Ort bestimmen, wo die Orgel zu platzieren wäre.

Im April 1663 war der Herzogliche Kammerdiener und Baumeister Andreas Rudolff auf der Veste. [Der bisher zuständige Herzogliche Baumeister Casper Vogell war überraschend gestorben. An seine Stelle trat Andreas Rudolff.] Er machte sich ein Bild von der Baustelle und erörterte die einzelnen Maßnahmen anhand der Bauzeichnung. Nachdem sich Herzog Ernst bei diesem rückversichert hatte, unterzeichnete er am 16. April das Baugeding für die Heldburger Schlosskirche und ordnete die Aufgaben nach dem geprüften Plan an.

Für die Maurerarbeit wurden 27 Gulden veranschlagt. Das betraf die fünf Fenster, die nach der Bauzeichnung aus dem Mauerwerk gehauen und zugerichtet werden sollten. Dafür wurden die Maße vorgegeben. Sie sollten außen eine lichte Weite von 6 Schuh, innen von 9 Schuh und eine lichte Höhe von 10 Schuh haben. Das Sohlstück der Fenster sollte 12 Schuh hoch über dem Fußboden und über dem Schluss des Fensterbogens sollten noch 3 Schuh bis zum Gebälk sein. (Abb. 7)

 

Abb. 7 Zeichnung für die Größe der Fenster
Abb. 7 Zeichnung für die Größe der Fenster

An der Stelle, wo die Sakristei hinkommen sollte, war bereits ein kleines Fenster vorhanden. Deshalb sollte nur vorne eine Mauer, 2 Schuh dick und mit einer Spundtür zum Schließen, aufgeführt werden. Der dortige Herd sollte abgebrochen und in die neue Küche der Herzogin versetzt werden. Der Schlot sollte abgenommen und das Loch vermauert, von den Steinen des alten Schlots ein neuer Schlot in das Vorgemach zur Küche der Herzogin gemacht und „unterm Tag geschleift und durch das Forst hinaus geführt“ [Acta Bl. 27.] werden. Dafür wurden weitere 12 Gulden bewilligt. Nachträglich wurde noch ein weiteres Geding ausgereicht. So sollten die erwähnten Fenster keine Stütze haben, sondern Bögen erhalten und von den Steinen, die aus der Mauer gebrochen wurden, sollten die Gewände gefertigt werden. Vor das Gewölbe der Tordurchfahrt (unter der Musikempore) sollte eine Mauer aufgeführt und zum Einbringen der Sparriegel vier Löcher in die seitlichen Mauern gebrochen werden, wofür den Maurern 3 Gulden bewilligt wurden.

Entgegen der früheren Entscheidung, dass alle fünf Fenster gleich hoch sein sollten, wurde zu Gunsten der Belichtung der Musikempore und der Fürstenempore entschieden, die zwei dortigen Fenster höher zu setzen.

Für die Zimmerleute waren 27 Gulden vorgegeben. Ihr Geding nach der genehmigten Zeichnung lautete: „In der Kirche sollen zwei starke Sparriegel im Riss mit C und e signiert aus Eichenholz 20 Zoll ins getrierde dick, solang als die ganze Kirche breit ist unter das alte Gebälk dergestalt einziehen, dass sie nicht in mauern mit ihrem Ende 1 ½ Schuh aufliegen. An dem Ort, wo sie über I.f. Gnaden Kirchstüblein gehen, sollen sie 2 starke Säulen, weil auch vom Eichenholz, in den Rissen auf A und C mit d.d. gezeichnet, untergesetzt und 4 starke Arme, mit f.f. signiert , auch von Eichenholz gefasst, und dem Riss hierinnen […]nach Gehörung werden, damit sie nicht zu tief zu stehen kommen, und das gesichte verhindern, auch oben von den alten Trägern ein Schuh zurück gesetzt, wie aus dem Riss klar zu sehen, davon 2 in die neuere Mauer und gering in obgedachte Säulen befestigt werden, um das Schieben zu verhüten, sollen 2 kurze Balken mit g bezeichnet mit I.f.Gn. Kirchstüblein hin, von den Säulen an in die Mauer gehend eingezogen werden.

Weil auch die alten 3 Träger so von den Sparriegel getragen werden, 4 Schuh vom Singchor verstücket und übereinander geblattet sein, soll jeder mit einer starken Säule von Eichenholz im Riss mit h.h. gezeichnet, mitten gesetzt werden, davon die eine mitten in die Porkirche zustehen kömmt, wo I.f.G. Kirchstüblein ist, die übrigen zwei aber stehen frei vorm Singchor, darauf die Orgel soll gesetzt werden. Sonsten soll die Brust an beiden Porkirchen 3 ½ Schuh hoch gemacht und das alte Untergebälk, wo I.f.G. Kirchstüblein ist, so breit diese Porkirchen wird, nämlich bis an die Säulen unter die Sparriegel, liegen bleiben, das übrige aber abgeschnitten und die Brust bei der Porkirchen, wie auch die Stiege auf den Singchor mit i signiert, daran gemacht werden.“ [Ebenda, Bl. 24.]

Für die Sparrriegel sollten vier Löcher in die Mauer gebrochen werden, wofür den Maurern 3 Gulden versprochen wurden. [Acta Bl. 28-31.]

Am 30. April konnte der Amtsverwalter berichten, dass der Weizenboden wie vorgesehen ausgeschnitten und die Musikempore aufgerichtet waren. Maurer sowie Zimmerleute seien eifrig bei der Arbeit. Holz sollte aus dem Vorrat in der Schneidmühle Eisfeld genommen werden, weil erst im kommenden Winter wieder Holz eingeschlagen werden könne. [Aktenkonvolut Heldburg 1535 – 1713, Bl. 284.] (Abb. 8)

 

Abb. 8 „Grundriss der Veste Heldburg mit Profilen von Heidenbau und Altes Schloss“
Abb. 8 „Grundriss der Veste Heldburg mit Profilen von Heidenbau und Altes Schloss“

Die angeworbenen fremden Kleiber, welche an der Decke arbeiten sollten, hätten sich allerdings wieder fortgemacht, weil ihnen die Arbeit zu gefährlich sei. Die Zimmerleute müssten erst ein sicheres Gerüst stellen und es müssten weitere Handlanger verdingt werden. [Acta Bl. 44.]

Mittlerweile waren auch die Maurer unzufrieden. Der Durchbruch des 1,5 Meter starken (im Sockelbereich sogar 1,85 Meter) harten Mauerwerks für die fünf Fenster erwies sich als sehr schwierig, und sie verlangen statt drei jetzt fünf Gulden. Genehmigt wurden ihnen schließlich vier Gulden. Damit wollen sie sich jedoch ebenfalls nicht zufrieden geben, und sie führten an, dass die Arbeit des Ausbrechens, Aushauens und Versetzens der Steine eine große, kräftezehrende Plackerei sei. [Aktenkonvolut Heldburg 1535 – 1713, Bl. 284.]

Die Maurer hatten eine Trennwand zwischen dem übrigen Teil des Weizenbodens und der Musikempore eingezogen. Die Sakristei war ebenfalls fertig.

Wie bereits erwähnt, sollten ursprünglich alle Fenster von gleicher Größe und in gleicher Flucht sein. Da aber die Musikempore höher lag und somit die Fenster dort höher gesetzt werden mussten, fiel ihre Höhe geringer aus als die der anderen.

Nicht alles ging reibungslos vonstatten. Nachdem zum Beispiel das Eichenholz für die Sparrriegel geschnitten war, erwiesen sich die Balken als zu kurz und es musste erneut Holz eingeschlagen werden.

Nach den Pfingstfeiertagen begannen die Schreiner mit ihrer Arbeit. Der Glaser bemühte sich um Blei und Zinn für die Fenster und den fürstlichen Stand auf der Empore.

Am 31. Mai wird weiter berichtet, dass auch an der Wand unter dem Singchor (vor dem Gewölbe des Torhalses) eine Mauer hochgezogen wurde und am Zugang zum Singchor noch gearbeitet werde. Die Fenster auf der Seite Richtung Holzhausen seien durchgebrochen, die großen Sparrriegel, welche nach Anweisungen des Baumeisters Rudolff die Decke stützen würden, seien angefertigt und die Maurer haben die Löcher dazu ausgehauen. [Acta Bl. 47-48.]

Der Tüncher wollte wissen, ob die großen eichenen Säulen an der Empore neben den Trägern weiß gestrichen, verkleidet oder ganz und gar unverändert bleiben sollen. Es gab noch weitere Probleme: Wenn die Kirche mit Platten ausgelegt werden solle, müsse die Tür höher gesetzt werden. Da die Blasebälge der Orgel viel Platz benötigen und die Ansicht deformieren würden, wurde vorgeschlagen, diese unterhalb der Orgel anzubringen. Sie kämen hinter die Trennwand, welche zwischen Kirche und Torhals eingezogen wurde. Dort käme ansonsten sowieso kein Mensch hin.

Die Berichte im Monat Juni handeln überwiegend von Vergütungen und der Steinbeschaffung. Die meisten Steine würden im Steinbruch bei Streufdorf gewonnen. [Ebenda Bl. 49-56.]

Bürgermeister und Stadtrat von Heldburg teilten am 10. Juni 1663 mit, dass sie die Säule für die Kanzel im hiesigen Steinbruch brechen lassen wollen und erbaten dazu die Maße. [Acta Bl. 57.]

Die Rechnung von Samuel Wasmuth vom 10. Juli 1663 nennt die Maße von zwei Säulen, welche 7 ½ Werkschuh lang und einen Schuh in der Vierung betrugen. Diese lägen bereits vor Jörg Eimesens Haus. [Ebenda Bl. 61.]

Aus der zweiten Hälfte des Jahres 1663 gibt es keine Berichte über den Fortgang des Kirchenbaus. In dieser Zeit lag das Augenmerk der Korrespondenz auf Schanzarbeiten zur Befestigung der Burg.

Mit dem Umsetzen der Kanzel vom großen Saal in die neue Kirche wurden ein Schreiner aus Königshofen und ein Bildhauer beauftragt. Das geht aus einer Anfrage vom 1. Juni hinsichtlich deren Vergütung hervor. [Aktenkonvolut Heldburg 1535 – 1713, Bl. 306.] (Abb. 9)

 

Abb. 9 Kanzel der Schlosskirche, vorher im Saal des Französischen Baus
Abb. 9 Kanzel der Schlosskirche, vorher im Saal des Französischen Baus

Nach dem Bericht des Amtsverwalters vom 27. Juni war das Holz für das Orgelwerk bereitgestellt, die Zimmerleute hatten es zugearbeitet, der Schreiner hatte den Boden ausgeschnitten und die Orgel eingesetzt. Der Orgelbauer Moritz Weiß war mit seiner Arbeit fertig. Der Organist Johann Trebs prüfte und stimmte das Instrument. Am 26. Juni fand sich Kantor Andreas ein und Trebs musste die Orgel in allen Registern ausprobieren und spielen. Beide stellten dabei keinen Mangel fest. Der Orgelbauer erklärte sich bereit, eventuell nachträglich auftretende Defekte auf seine Kosten zu reparieren. [Aktenkonvolut Heldburg 1535 – 1713, Bl. 308.]

Nachdem der Orgelbauer fertig war, waren noch nachfolgende Arbeiten auszuführen. So sollten vom Schreiner die Blasebälge nach fürstlichem Befehl in das Gewölbe über der Tordurchfahrt geführt, der Boden der Kapelle mit steinernen Platten belegt und ein Absatz bei der Tür gemacht werden. Die Sparrriegel im Bogen sollten verkleidet und die Mauer, wo der Weizenboden gewesen ist und einen Abstieg hat, quer abgekehrt werden. [Ebenda Bl. 313.]

Der fürstliche Befehl, der das Geding für den Maler Hans Heinrich Heller aus Waltershausen enthielt, war datiert vom 26. Juli 1664. Danach waren ihm zugesagt: Für das Malen der sechs Felder an der Empore der Schlosskirche mit biblischen Historien 9 Taler; für die zwei Bögen, die blau und weiß mit Engelsköpfen und Früchten gemalt und poliert werden sollten 3 ½ Taler und für das Orgelwerk, das blau und weiß schattiert gehalten sein sollte, 7 Taler. Im Weiteren hieß es in dem Befehl: „Wenn solche Arbeit fleißig verfertigt soll dem Mahler abgesagter Lohn außen Ambt gegeben und hier mit und des Mahlers Quittung in Rechnung belegt werden. Man soll ihm auch aufn Schloß eine Kammer zum Lager ein thun, u. auß der Stadt ein bett so lang er dran arbeithet auf schaffen.“ [Aktenkonvolut Heldburg 1535 - 1713, Bl. 313.]

Im August kam Hans Heinrich Heller auf der Veste an. Allerdings reiste er wieder ab, nachdem er das Ausmaß der Arbeit gesehen hatte, welches seines Erachtens nicht für den vorgegebenen Lohn zu bewältigen war. So waren elf kleine Schwippbögen, die kleinen Bögen der Emporen, die Durchzüge durch den gesamten Bau und die Tür, welche ebenmäßig gehalten werden sollte, nicht im verabredeten Lohn enthalten. Außerdem kämen das Orgelwerk und zwei große Bögen noch dazu. Der Umfang dieser Arbeiten wäre in der vereinbarten Zeit nicht zu schaffen. Daher müsse er seinen Bruder mitarbeiten lassen, den er aus seinem Geding mitbezahlen sollte, was diesem jedoch nicht reichte. [Ebenda Bl. 309] Heller konnte offensichtlich eine Lohnerhöhung aushandeln, denn im Oktober fand er sich wieder zur Arbeit auf der Heldburg ein.

Immer wieder kam es zu veränderten Vorschlägen über die Ausstattung der Kirche. Mehrere Entwürfe über die Bemalung der Emporenfelder standen zur Diskussion. Vergleichsweise lagen auch Entwürfe für die Kirchen in Eisfeld und Königsberg vor. Schließlich entschied der Herzog für die Heldburger Schlosskirche, dass die drei Felder der Fürstenempore Verse zu folgenden Themen zieren sollten: 1. Die Historie, wie Moses wider Amalek streitet und betet; 2. Wie Hiskias die Gesundheit wieder erlanget; 3. Daniel im Löwengraben. Die drei Felder am Singchor vor der Orgel sollten beinhalten: 1. Das Cananaische Weiblein; 2. Der Zöllner im Tempel; 3. Christus am Ölberg. [Aktenkonvolut Heldburg 1535 – 1713, Bl. 297.]

Dem Chronist Johann Werner Krauss verdanken wir die einzige Dokumentation des Bild- und Inschriftenprogramms der Emporen:

„An der Empor-Kirche über dem Fürstl. Stuhl stehet:

(1.) Die Historie, wie Moses wider Amalek streitet und betet:
Gleichwie gantz Isreal zu siegen stracks begunte
wenn mit erhabner Hand nur Moses beten kunte:
Also des Teufels List vnd aller Feinde Macht
durch beten ebenfalls wird in die Flucht gebracht.


(2.) Wie Hiskias die Gesundheit wieder erlanget:
Hiskia wird, als er, fast mit dem Tod vmschrenckt
zu Gott vm Hülffe rieff, die Lebens Zeit verlängt:
In Kranckheit ruff du auch zu Gott er wird dir geben,
wo nicht dieß zeitliche, doch wohl ein bessers Leben.

 

(3) Daniel im Löwen-Graben:
Ob Danielis Feind ihn schon zun Löwen bringen,
doch, weil er Gott vertraut, darf keiner ihn verschlingen,
Will gleich auch jemand dich in einen Unfall setzen,
schrey nur zu Jesu Christ, so kan dich nichts verletzen.


An dem Singe-Chor, vor der Orgel, ist zu sehen:


(1) Das Cananaische Weiblein:
Auf glaubiges Gebet hat Christus ausgeiagt
den Teufel, der das Kind besaß vnd grausam plagt.
Greifft er dich ebenfalls durch Gottes Zulaß an,
so halte dich an den, der dich erretten kan.

 

(2.) Der Zöllner im Tempel
Dem Zöllner, so sich schämt die Augen aufzuheben
gen Himmel, wird die Sünd auf Reu vnd Buß vergeben.
Druckt dich auch deine Schuld, bekenne sie mit Reu,
vnd glaub an Jesum Christ, so wirstu ihrer frey


Christus am Oelberg.
Obgleich am Oelberg dort Christus nicht ward erhöret,
was er in grosser Angst vom Vater hat begehret:
Geschah es darum doch, daß wir in Noth und Pein
nunmehro auch durch Ihn erhöret können seyn.

[Krauss, 1750, p.16-17.]

 

Für die Ausführung der Bögen wurde eine Zeichnung übersandt. (Abb. 10)

Abb. 10 Zeichnerische Vorlage für die Gestaltung der Bögen
Abb. 10 Zeichnerische Vorlage für die Gestaltung der Bögen

 Am 27. Oktober arbeitete der Maler Hans Heinrich Heller noch an den elf kleinen Schwippbögen und fünf Kolumnen mit den Postamenten. Das Orgelschränkchen mitsamt seiner vier Türen hatte er bereits angestrichen und „marmoliert“. In die fünf ovalen, vom Schreiner gefertigten Rundungen sollte jeweils ein Engelskopf gemalt werden. [Aktenkonvolut Heldburg 1535 – 1713, Bl. 310.]

Gottfried Wilhelmi brachte bei der fürstlichen Herrschaft die Bitte ein, ob unter der Empore nicht wenigstens ein Mannstand für die Diener gemacht werden könnte. [Acta Bl. 76.] Ein Antwortschreiben auf dieses Anliegen ist nicht vorhanden.

Herzog Ernst der Fromme schien sich intensiv sowohl mit dieser Baustelle als auch mit gleichlaufenden Bauarbeiten in den Kirchen Eisfeld und Königsberg zu beschäftigen. Häufig ließ er sich über Einzelheiten vom Amtsverwalter Bericht erstatten und erteilte entsprechende Anweisungen. Konnte er von Gotha aus keine Entscheidung treffen, bat er zu warten, bis jemand „naus kommt“.

Über das Aussehen des Altars gibt es keinen unmittelbaren Nachweis. Erwähnung findet das Altarprospekt in einer Anfrage des Amtsverwalters Gottfried Wilhelmi vom 19. September 1664. Zwei Bretter an der Altartafel, mit denen diese zugeschlagen war, hatten ein wenig angelegen, wodurch die Farbe beschädigt worden war. Die Frage war nun, ob diesen Schaden auch der gegenwärtige Kirchenmaler ausbessern dürfe. [Aktenkonvolut Heldburg 1535 – 1713, Bl. 316.]

Johann Werner Krauss beschreibt die Altartafel wie folgt:

“Als hinter dem Altar praesentiret sich auf einer Tafel der Stall zu Bethlehem, worinnen Christus gebohren, mit folgenden Versen:

Des Allerhöchsten Sohn wird wahrer Mensch gebohren,

damit wir all, die wir durch Sünden sind verlohren,

von Sünden, Gottes Zorn und von der Höllen Pein,

dem Teufel und dem Tod durch ihn befreyet seyn.

Er wird ein Menschen Kind, daß er uns armen Sündern

den freyen Gang zu Gott, ja auch zu dessen Kindern

vnd seinen Brüdern mach, und daß wir einst zugleich

mit ihm erbeten des Vaters Himmelreich.

 

Er kommet arm und bloß, daß wir noch hier auf Erden

in Gottes Reich und dort vollkommen werden.

es liegt im finstern Stall, daß wir durch ihn entgehn,

der Finsterniß, vnd dort im Licht Gott ewig sehn.

Das Heer der Engel lobt den Höchsten, wünschend allen

den Frieden, Gott die Ehr, vnd vns das Wohlgefallen

was er vns auferlegt. Der wird nach dieser Zeit

vns Glaubige versehn mit Heyl vnd Seligkeit.“ [Krauss, 1750, p. 15.]

 

Amtsverwalter Wilhelmi berichtete am 2. November, dass die Arbeiten der Maurer, Schreiner und des Malers nunmehr abgeschlossen waren. Dieser habe nicht mehr gemacht, als ihm verdingt war und sei sparsam mit Farben umgegangen.

Was noch zu machen sei: In die Kirche sollte eine Eingangstür zweiflügelig mit einem Schloss eingesetzt werden. Soweit die dortigen Steinstufen hervor ragten, sollte ein kleines Schieferdach angebracht werden. Auf den Singchor müsse eine bequeme Treppe führen, die jetzige sei brüchig und zu ersetzen. Es fehlten noch die Bänke für die Kirche, die angefertigt werden müssten. Über die Kanzel sollte ein Deckel angebracht werden und „unten dran etwa eine Rose oder dergleichen von Schnitzwerk.“ [Aktenkonvolut Heldburg 1535 – 1713, Bl. 324.] Wie Johann Werner Krauss 1750 berichtet, waren unten an der Kanzel „[...]das Kurfürstl. und Fürstl. Sächsische Wappen nebst dem Waldeckischen Wappen“ zu sehen. [Krauss, 1750, p. 17.] Bei dieser landesherrschaftlichen Inszenierung dürfte es sich um eine spätere Zutat aus der Zeit Herzog Ernsts von Sachsen-Hildburghausen (1655-1715) handeln, denn dieser hatte sich 1680 mit der Gräfin Sophia Henriette von Waldeck vermählt.

Aus verschiedenen Hinweisen ist zu entnehmen, dass Herzog Ernst der Fromme Ende des Jahres 1664 auf der Veste erwartet wurde. Amtsverwalter Wilhelmi machte darauf aufmerksam, dass das Joch der Zugbrücke noch bis zur Ankunft des Herzogs repariert werden müsse. Im Weiteren ist einer Nachricht der fürstlichen Herrschaft zu entnehmen, dass mit der Entscheidung für eine neue Treppe zum Singchor wie auch zur Frage, wie mit dem Loch neben dem Predigtstuhl zu verfahren sei, gewartet werden solle, bis die Herrschaft hinauskomme. Bei diesem Loch handelte es sich um eine alte Öffnung in der Art einer Schießscharte. Vorgeschlagen wurde, sie mit einem Fenster zu schließen oder für ein Wandschränkchen zu nutzen. [Aktenkonvolut Heldburg 1535 – 1713, Bl. 324.]

Aus einer nicht datierten Anweisung lässt sich schließen, dass die Augenscheinnahme des Herzogs erfolgt war: „Was allhier bei der neuen Schlosskirche zu Heldburg zu erinnern

1. Dass ein Deckel über den Predigtstuhl gemacht werden soll

2. Ein tritt zum steigen auf den Predigtstuhl

3. Eine Sanduhr

4. Soll die Altartafel von dem Fenster weggerückt werden.“ [Ebenda, Bl. 421.]

 

Der Chronist Johann Werner Krauss schlussfolgert, dass diese Kirche den Namen „Zum Kripplein Christi“ erhalten habe, weil vorher in diesem Raum ein Pferdestall gewesen sei. [Krauss, 1750. p. 14.] In dieses übergeordnete Raumprogramm fügte sich auch das Altarbild mit der Geburt Christi ausgezeichnet ein.

Bis zur Einweihung der Kirche sollte jedoch noch einige Zeit vergehen. Krauss berichtet, dass Herzog Ernst der Fromme am 1. September 1665 die Einweihung der neuen Schlosskirche vorgenommen habe. Die Einweihungspredigt hielt der Gothaer Hofprediger Jeremias Balthasar Ludwig. Der Heldburger Superintendent musste dem Herzog nachfolgend Predigten von Henochs Himmelfahrt halten. „Haltet doch, sagte der Herzog zu ihm, weil wir uns hier auf einem Berg aufhalten, etliche Predigten von Henochs Himmelfahrt, und weiset die Leute darzu an. Wir wollen doch alle gern dahin kommen. Was hülffe mich der Bettel, Land und Leute, wenn ich das Ewige verlieren sollte.“ [Ebenda, p. 14-15.]

Noch vor der offiziellen Einweihung der Kirche war darin am 20. April 1665 eine Taufe vorgenommen worden. Es handelte sich um den Sohn des Amtsverwalters Gottfried Wilhelmi, der auf den Namen Johann Ernst getauft wurde. Fünf Jahre später heiratete dort Wilhelmi seine zweite Gemahlin Catharina Maria Ungewitter aus Arnstadt. Es war die erste Trauung in der neuen Kirche.

Ein Inventar aus dem Jahr 1669 beschreibt die Schlosskirche folgendermaßen:

„Eine Tür aus dem Hof darin, eine vor der Herzogin Gemach zum Eingang auf die Bohrkirche, drei große ganze Fenster in der Kirchen, drei ganze etwas kleinere Fenster auf der Bohrkirchen, ein klein Seitenfenster in der Mauer gegen das Holz neben dem Eingang auf der Cantzel. Ein Altar von Brettern und Bühnen zusammen geschlagen. Eine Tür auf dem Predigtstuhl. Eine Tür in der Sakristei, ein Schubfenster, eine Tür aufs Sing Chor, eine Orgel mit allem Zubehör, Subpass und Blasebalg, eine Bank darauf der Organist sitzt, ein gemalte Altartafel mit Geburt Christi.[...]Ein steinern ausgethaner Predigtstuhl, so sonsten beides auf dem Saal gestanden, mit einer höltzernen Decke. [...] [Aus der Aufzählung, „[…]ein gemalte Altartafel mit Geburt Christi[...]Ein steinern ausgethaner Predigtstuhl mit einer höltzernen Decke, so sonsten beides auf dem Saal gestanden.“ ist zu schließen, dass auch der Altar aus der früheren sakralen Ausstattung im Saal des Französischen Baus stammt.] 12 Lehnbänke in der Kirche. [...] Ein scharlachfarbenes Altartuch mit den von silber gelonen darauf gemalten Spruch, zwei dergleichen ganz klatte Communikantentüchlein, von scharlachfarbenem Tuch. Ein weiß Leinentuch auf dem Altar.“ [ThStAMgn, Ältere Rechnungen, Amtsrechnung Heldburg 1669.]

Im Weiteren wurden in diesem Inventar auch die Bücher der Kirche aufgelistet:

„Die Nürnberger Bibel in folio in schwarzem Leder mit Schloßen

Die Coburgische Kirchenordnung in folio in weiß Schweinsleder

Herrn Schraderi formular buch in quarto, schwarz eingebunden

Die alte fürstliche Landesordnung in quarto

Herrn Doct. Luthers Hauspostill in 8 tav. schwarz gebunden

Das biblische Handbuch in 8 tav. schwarz

Das Hauskirchbüchlein in 8 tav. weiß eingebunden

Der geistliche Unterricht von göttlichem Wohltaten in 8 tav.

Tomi Lutheri in 7 bünde infolio Gruberi Lutherus zedi vivus in 4. In vier bänd

Dr. Langens Sterbkunst in avarti

Die neu revidierte fürstl. Landesordnung weiß eingebunden in quart

Eine Kirchenagenda avart

Gothaische Hauspostill in 8 tav

Erster und ander Teil Biblischen Historien in 8 tav

Lesens-Übung und geistlichen Unterricht von göttlichen Wohltaten in duodec.“

Abb. 11 Auf Anordnung Ernst I. zusätzlich eingebrochenes Fenster zur Belichtung der Fürstenempore in der Stadtkirche Heldburg
Abb. 11 Auf Anordnung Ernst I. zusätzlich eingebrochenes Fenster zur Belichtung der Fürstenempore in der Stadtkirche Heldburg

 Die gleichzeitige Einrichtung eines herrschaftlichen Kirchstübleins in der Stadtpfarrkirche Heldburg durch Ernst dem Frommen

 

Herzog Ernst hatte bereits im April 1663 angewiesen, dass parallel zur Schaffung einer Kapelle auf der Veste Heldburg ein Kirchstüblein auf dem fürstlichen Stand in der Stadtkirche Heldburg zu errichten sei: „Die Porkirche in der Stadtkirche zu Heldtburg zu erlangen und das Fürstl. Kirch-Stüblein zumachen nemblich 21 Schu lang und 7 breit und 8 hoch nur mit einer Stütz in der Mitten das solle alles vor die Seule gesetzet werden ins Porhäuschen, wie im befehl im January mit machen zurichten. […] Und wie sodannig liegt auf dem Adeligen Stand in der Stadtkirche obrigst obern Tor ein Fenster zu bringen.“ [Acta Bl. 21.] Das Kirchstüblein sollte vor dem ersten freistehenden Pfeiler bei der großen Kirchentüre angebracht werden. [Acta Bl. 47-48.] Das Holz, das beim Ausschneiden des Weizenbodens auf der Veste anfiele, sollte für dieses Kirchstüblein verwendet werden, weil sich nach Meinung der Zimmerleute frisch geschlagenes Eichenholz zu sehr beugen und winden würde. Damit der Bau zügig vorangehen könne, sollte ein Brand Kalk bestellt werden.

Um dieses Kirchstüblein ausreichend zu belichten, wünschte der Herzog, dass oberhalb der Kirchentüren sowohl auf der Süd-als auch auf der Ostseite zusätzliche Fenster eingebrochen werden. (Abb. 11)

 

Am gegenüberliegenden nordseitigen Pfeiler befand sich zu jener Zeit die Kanzel. Somit war auch hier wieder die klassische Anordnung der liturgischen Prinzipalstücke und des Herrschaftsstands gegeben. [Die Umsetzung dieses Auftrages erforderte zunächst die Absprache und Genehmigung des Heldburger Geistigen Untergerichts sowie des Stadtrats.]

Mit fürstlicher Anweisung erhielt Hans Heinrich Heller aus Waltershausen auch für die Gestaltung des fürstlichen Stuhles in der Stadt Heldburg den Auftrag. Er sollte ihn blau und weiß, mit Vorhängen und die Felder der Decke mit Gewölk malen. Dafür wurden ihm 3 ½ Taler zugesagt. [Acta Bl. 80-81; Aktenkonvolut Heldburg 1535 – 1713, Bl. 296.]

In welchem Umfang dieser Auftrag erfüllt wurde, ist nicht erwähnt. Demgegenüber wird im Frühjahr 1668 eine Rechnung des Eisfelder Malers Georg Jahn über seine Leistungen am hochfürstlichen Stuhl in der Heldburger Stadtkirche vorgelegt. Was die Farbe betrifft, sollte sich dieser am Epitaph des 1644 verstorbenen Herzogs Albrecht von Sachsen-Eisenach orientieren. Krauss beschreibt das Epitaph: „Auf einer großen Tafel hinterm Altar ist Henochs Himmelfarth und darunter Herzogs Alberti zu Sachsen Brust-Bild zierlich abgemahlet […]“. Darunter waren die Familien- und Lebensdaten und der Stiftungsvermerk Ernst des Frommen angeführt. Der Herzog hatte 1659 das Epitaph seines Bruders und Amtsvorgängers für die Stadtkirche in Heldburg gestiftet und damit für ein herrschaftliches Gedächtnis gesorgt. [Ernst der Fromme hatte außerdem sogenannte „Ehren-Gedächtnis-Tafeln“ für seinen Bruder Johann Ernst (verstorben 1626) für die Kirche in Königsberg und seines Vetters, Herzog Johann Casimir (verstorben 1633) für die Kirche in Eisfeld gestiftet. Siehe Krauss, 1750, p 76-78.]

Jahn malte den Fürstenstand nach diesem Vorbild sowohl außen als auch innen blau in blau mit Vorhängen und anderem Zierrat. Die Decke innen versah er mit Engelsköpfen, offenem Himmel und Gewölk. [Aktenkonvolut Heldburg 1535 – 1713, Bl. 289.] Landesherrschaftliche Präsenz wurde mit dem fürstlichen Wappen im Sprengwerk angezeigt, wie aus der Abrechnung des Malers hervorgeht: „Die Sprengwerke samt den ausgeschnittenen Engeln und fürstl. Wappen aufs fleißigste verfertigt worden.“ [Ebenda.] Die fertige Fürstenloge hatte eine Länge von 22 Schuh, eine Breite von 8 Schuh und eine Höhe „auf die Gespreng und Wappen“ von 10 ½ Schuh. [Ebenda.] Wann die Fürstenloge wieder aus der Kirche entfernt wurde, ist nicht bekannt. Zum Zeitpunkt der umfangreichen Kirchenrenovierung von 1819 bis 1826 findet sie keine Erwähnung mehr. [Landeskirchenamt Eisenach, Acta die Reparatur der Stadtkirche Heldburg hierselbst betreffend Lfd. Nr. 38 Loc. 21 Nr. 16 Vol. I 1812, 1817-1824.]

 

Die Nutzung der Schlosskirche auf der Veste Heldburg nach dem Tod Ernst des Frommen bis zu ihrer Aufgabe

 

Nach dem Tod Herzog Ernst des Frommen wurde das Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg unter seine sieben Söhne aufgeteilt. Sein Sohn Ernst (1655-1675), Regent im neu gebildeten Fürstentum Sachsen-Hildburghausen, wohnte mitunter mehrere Monate auf der Veste Heldburg und soll sogar erwogen haben, in Heldburg sein künftiges Residenzschloss zu bauen. Er erließ am 20. August 1683 eine Verordnung für die Superintendenten von Eisfeld, Schalkau, Heldburg, Königsberg und Hildburghausen, wie es mit der Verrichtung des Gottesdienstes in der Schlosskirche auf der Veste Heldburg während der Zeit des Wohnaufenthalts [Von 1680 bis 1695, dem Termin der Fertigstellung des Residenzschlosses in Hildburghausen, wohnte der Herzog mitsamt dem Hofstaat zeitweise auf der Veste Heldburg, im Eisfelder Schloss, in Frankfurt/Main, Hildburghausen oder Arolsen.] der fürstlichen Herrschaft vor sich gehen soll. Unter der Bezeichnung „Circular-Predigten“ sollte dort wöchentlich viermal gepredigt werden und zwar an Sonntagen zweimal, nämlich vormittags und nachmittags und Mittwoch und Freitag je einmal. Die Predigt sollte jeweils eine Dreiviertelstunde dauern. An jedem Sonntag sollte ein anderer Superintendent nach Heldburg kommen. Für den Choralgesang sollte jeder Pfarrer seinen Schulmeister mitbringen. Die Mittwochspredigt war vom Heldburger Diakon zu halten, die Freitagspredigt sollte ebenfalls von Heldburg bestritten werden. [Krauss, 1750, p. 18.]

Nach der Erhebung Hildburghausens zur Residenzstadt und der Fertigstellung des Residenzschlosses fanden die Circular-Predigten auf der Veste nur noch bei besuchsweisen Aufenthalten des Herzogs in Heldburg statt.

Abb. 12 Orgel der ehemaligen Schlosskirche Veste Heldburg, jetzt in der Apostelkirche Hildburghausen
Abb. 12 Orgel der ehemaligen Schlosskirche Veste Heldburg, jetzt in der Apostelkirche Hildburghausen

Nachdem Ernst Friedrich I. von Sachsen-Hildburghausen (1681-1724) die Veste Heldburg zur Garnisonsburg bestimmte [Heyn, Oliver: Das Militär des Fürstentums Sachsen-Hildburghausen 1680-1806, Veröffentlichung der Historischen Kommission für Thüringen, Köln/Weimar/Wien 2015.], wurde der Heldburger Diakon Adam Bartenstein am 4. Oktober 1713 zum Garnisonsprediger auf die Veste berufen. [Ebenda p 300.] Ihm folgte von 1722 bis zum Abzug der Garnison im Jahr 1724 der Garnisonsprediger Bernhard Gottfried Graver, der mit seiner Familie in dieser Zeit auf der Veste wohnte. [Ebenda p 320 / 395.]

 

Als auch noch das damalige Gefängnis auf der Veste Heldburg aufgegeben wurde, setzte eine Zeit der Vernachlässigung und des Verfalls ein. Bereits im Jahr 1818 teilte der herzogliche Hofsekretär Bechmann seiner Herrschaft in Hildburghausen mit, dass die Kirche nur noch unter Lebensgefahr zu betreten sei. Er führt an, dass jährlich noch 3 Kommunionpredigten gehalten würden. [ThStA Mgn, Hofbauamt Nr. 88.]

 

Am 23. Mai 1833 berichtete Bauinspektor Buck an die herzogliche Landesregierung, dass diese Gefahr noch zugenommen habe: viel Mauerwerk sei von der Decke gefallen, auch wäre ein Stück Mauer eingerollt und mehrere Fuhren Steine und Schutt davon lägen auf der Emporkirche über der Sakristei. Wegen Unfallgefahr sollten dort keine Gottesdienste mehr gehalten werden. [Ebenda.] Einem Bericht des Herzoglich-Sächsischen Konsistoriums vom 1. Juli 1834 zufolge, lebten auf der Veste nur noch vier Frauen „[...] davon eine bettlägerige und eine andere, nicht ganz bei Sinnen[...]“. Dennoch habe der Pfarrer von Holzhausen je eine Predigt zu Pfingsten, Maria Reinigung und Michaelis zu halten. Daher folgte am 5. September 1834 die herzogliche Anweisung, dass die Kirche in einen solchen Stand zu versetzen sei, dass wieder Gottesdienste darin gehalten werden könnten. [Ebenda.]

 

Doch das Ausmaß der Schäden war so groß, dass die Kirche schließlich ganz aufgegeben wurde. Die Orgel war schon 1783 in die Apostelkirche Hildburghausen gebracht worden. Sie ist das einzige Ausstattungsstück, das sich von der Schlosskirche der Veste Heldburg erhalten hat. [Ausführlich dazu bei Gydha Metzner und Jürgen Scholz, Der Heidenbau – Fassungsbefunde an Fassaden und Innenräumen in: Berichte der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten Band 11, 2013 p. 52-55.] (Abb. 12)

Abb. 17 Überfasste Wandmalerei der Kapelle im Jungfernbau 1942
Abb. 17 Überfasste Wandmalerei der Kapelle im Jungfernbau 1942

 

Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen (1826-1914), der sich selbst als Wiederhersteller der Veste Heldburg nach einer längeren Periode der Vernachlässigung und des Verfalls bezeichnete, sah von der Wiedereinrichtung eines Kirchenraumes ab. Er ließ die Kanzel abbauen und in die Obhut seines Hofmarschalls geben. [ThStA Mgn, Hofbauamt Nr. 95.] Ihr weiterer Verbleib ist nicht bekannt.

Georg II. hatte in den Jahren 1874 bis 1895 die Burganlage größtenteils stilgerecht restauriert und instandgesetzt wie auch in einigen Bereichen historistisch überformt. Während seiner Aufenthalte auf der Veste Heldburg nahm er gelegentlich an Gottesdiensten in Pfarrkirchen der unmittelbaren Umgebung teil. Oberbaurat Eduard Fritze schreibt 1904: „Die Kirche [im Heidenbau, Anm. I.G.] wurde bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts benutzt, jetzt ist sie ganz verfallen. Der Kirchenraum hatte Emporen auf Holzpfeilern, letztere reichten bis zur Decke des Dachgeschosses. Die Emporenbrüstungen waren aus Brettern hergestellt und grau in grau mit biblischen Darstellungen bemalt.“ [Fritze, Eduard, Die Veste Heldburg, in: Bau-und Kunstdenkmäler Thüringens, Herzogthum Sachsen-Meiningen, II. Band, Jena 1904, p. 302.] Die Verkleidung der Stützkonstruktion mit Pfeilern bzw. Pilastern auf hohen Postamenten, erkennbar bspw. auf den isometrischen Grundrissen des 17. Jahrhunderts, dürfte von Fritze, zumindest teilweise, noch angetroffen worden sein. Auf einem Plan, vermutlich von Fritze um 1899, ist sie angezeigt. (Abb. 13)

 

Der einstige Kirchenraum wurde in der Folgezeit als Lagerraum genutzt. Während der Zeit des Kinderheimes auf der Veste Heldburg 1954 bis 1982 diente er als Turnhalle. Die gemalten Emporenfelder waren zu dieser Zeit schon nicht mehr vorhanden. Die Brüstung war mit Traljen versehen. Später wurden die Emporen vom Fußboden bis zur Decke in Leichtbauweise geschlossen. Dahinter wurden auf der Westseite ein kleinerer Lagerraum und ein Treppenhaus eingerichtet, über welches die Wohnungen erreicht werden konnten, die sich im Obergeschoss nordwärts befanden. (Abb. 14)

 

Bei der Sanierung des Heidenbaus in den Jahren 2009 bis 2011 wurden die späteren überformenden Einrichtungen der ehemaligen Schlosskirche behutsam abgebrochen sowie historische Putz- und Fassungsflächen gesichert und konserviert. [Vgl. Nagel, Franz, Die Restaurierung der historischen Innenraumfassungen, in: Berichte der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten Band 11, 2013, p. 120.] Eine Teilwiederherstellung der historischen Raumausstattung wurde wegen der unzureichenden Quellenlage bewusst vermieden. Auf die Wiederherstellung der Deckenbögen oder die Verkleidung der hölzernen Stützkonstruktionen wurde daher verzichtet. Die Decke wurde in Deckenleistungsschalung in Anlehnung an historische Handwerkstechniken ausgeführt. (Abb. 15)

 

Die Treppe zur ehemaligen Musikempore wurde an ihrem früheren Standort aufgeführt. Die Brüstungsgeländer der Emporen bestehen aus einfachen neuen Holzgeländern und sind farblich abgesetzt. [Vgl. Möser, Jörg, Die Sanierungsarbeiten im Französischen Bau und am Heidenbau, in: Berichte der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten Band 11, 2013, p. 92-96.] Diese wie auch die neu hinzugefügten Treppen heben sich gestalterisch deutlich vom historischen Bestand ab. [Vgl. Fleck, Niels, Amtlicher Führer 2016, p 73.]

Im Ergebnis der Sanierung ist die einstige Schlosskirche heute als zweigeschossiger Saal mit großen Oberlichtern und Emporen an der West- sowie an der Nordseite erlebbar. An die einstige Funktion als Kirche erinnert zudem der in die Ostwand eingelassene Kanzelaufgang, den man durch das spätgotische Türgewände – ein bereits 1663 wiederverwendetes Bauteil – betritt. An der Wand darüber sind die Umrisse des dort einstmals angebrachten Kanzelkorbes zu erkennen. (Abb. 16)

 

Seit 2013 ist die einstige Schlosskirche als Veranstaltungsraum unter der Bezeichnung „Kirchensaal“ Bestandteil des Deutschen Burgenmuseums.

Abb. 17 Überfasste Wandmalerei der Kapelle im Jungfernbau 1942
Abb. 17 Überfasste Wandmalerei der Kapelle im Jungfernbau 1942

Die Revitalisierung der vorreformatorischen Burgkapelle im Jungfernbau 1941 bis 1942

 

Die Veste blieb zunächst noch ohne einen eingerichteten Kirchenraum, nachdem der Enkel Georgs II., der spätere Titularherzog Georg III. (1892-1946) mit seiner Familie ab 1926 auf der Veste Heldburg eingezogen war.

Der erstgeborene Sohn der Familie, Anton Ulrich von Sachsen-Meiningen, fiel im Zweiten Weltkrieg 1940 in Frankreich. Auf Initiative von Herzogin Clara von Sachsen-Meiningen wurden nach Plänen des Salzburger Architekten Cajus Dürfeld in den Jahren 1941/1942 die ehemalige Silberkammer und die Wachstube im Jungfernbau unterhalb der ehemaligen Burgkapelle zu einer Grablege umgestaltet. Die tiefgläubige Katholikin beförderte zugleich die Wiederherstellung der einstigen katholischen Kapelle, wenngleich dies den Regeln der ernestinischen Hausgesetze widersprach, denen sich Georg III. verpflichtet sehen musste. Die Einbauten des 16. Jahrhunderts wurden zurückgenommen. Da die Grablege mit einem Gewölbe versehen ist und die Gewölbekappen in den Bereich des früheren Fußbodens reichten, konnte nach dem Entfernen des Zwischengeschosses das ursprüngliche Niveau nicht mehr angestrebt werden. Zeugnisse der alten Malereien im Sockel sollten aber als Gestaltungsmuster für die neu zu schaffenden Vorhangmalereien dienen.

Für die Restaurierung der Lucas Cranach dem Älteren zugeschriebenen Wandmalereien konnte als Künstler der frühere Leiter der Bauhausmalwerkstatt, Hinnerk Scheper, gewonnen werden. Zeitweise assistierte ihm seine Frau, die Künstlerin Lou Scheper-Berkenkamp. (Abb. 17)

Abb. 18 Cajus Dürfeld, Plan zum Bau der Burgkapelle auf der Veste Heldburg vom 14. Mai 1941
Abb. 18 Cajus Dürfeld, Plan zum Bau der Burgkapelle auf der Veste Heldburg vom 14. Mai 1941

 

 

Wie Regina von Habsburg, geborene Prinzessin von Sachsen-Meiningen, sich erinnerte, war der Zustand der Malerei derart schadhaft, dass die ursprüngliche Ikonografie nicht ausreichend erkannt werden konnte. Daher entschied man sich in überfassender Behandlung für das Thema der Vierzehn Nothelfer bei gleichzeitiger Restaurierung noch vorhandener Heiliger wie auch weiterer Ergänzungen. [Gespräch Regina von Habsburg mit der Verfasserin während ihres Besuches am 10. März 1999 auf der Veste.] Auch das Rankenwerk und die Schriftbänder wurden mit übernommen.
Der Kirchenraum wurde mit einer hölzernen Tonne überspannt, die den Eindruck der ursprünglichen gotischen Wölbung herstellen sollte. Der Standort der Orgel war oberhalb des Gewölbes vorgesehen. Aus diesem Grunde plante Dürfeld die Errichtung einer Kuppel mit Laterne anstelle der Aussichtsterrasse unter Einbeziehung des Verbindungsgangs zum Französischen Bau. Infolge des Krieges kam dieses Vorhaben, das die von Georg II. geprägte Silhouette der Burg einschneidend verändert hätte, nicht mehr zur Ausführung. (Abb. 18)

 

Die erneute Weihe von Gruft und Kapelle und die Beisetzung des Prinzen erfolgten am 2. August 1942.
Nachdem die herzogliche Familie mit Ausgang des Zweiten Weltkrieges die Veste Heldburg verlassen hatte, wurde die Kapelle aufgegeben. Der Saalfelder Marienaltar, datiert auf 1489 [Der Altar wurde 1942 aus dem Depot im Schloss Elisabethenburg Meiningen auf dies Veste Heldburg gebracht.], kam nach Saalfeld und befindet sich im dortigen Stadtmuseum. Die Kapelle wurde fortan als Lagerraum genutzt.
Seit 1994 bemüht sich die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten um die Wiederherstellung der architektonischen Erlebbarkeit der Burganlage einschließlich dieses Kirchenraumes.  Neben der Möglichkeit der Besichtigung ist auch die sakrale Nutzung der Kapelle möglich, die allen Konfessionen offen stehen soll. [Schmidt, 2001, p. 36.] Dafür gab es auch Verständnis von Seiten Regina von Habsburgs und ihrer Familie, die sich für die Restaurierung der Gruft engagierte. Bei der Wiederbelegung der Gruft kamen neben ihrem Bruder, dem Prinzen Anton Ulrich und der Mutter, Clara von Sachsen-Meiningen, - beide katholisch - auch ein Katafalk für den 1946 in Russland verstorbenen evangelischen Vater Georg III. hinzu. Die Weihe- und Trauerfeierlichkeiten wurden jeweils von einem katholischen und einem evangelischen Pfarrer im ökumenischen Sinne gestaltet.

Abb. 19 Der Plan der Schlosskirche in Gotha 1646, diente eventuell als Vorbild für die Heldburger  Schlosskirche
Abb. 19 Der Plan der Schlosskirche in Gotha 1646, diente eventuell als Vorbild für die Heldburger Schlosskirche

 

Schlussbemerkungen


Die Sakralräume der Veste Heldburg und ihre Nutzung sind wichtiger Bestandteil der Geschichte der Burg. Sie sind ein Spiegel der thüringischen Kirchengeschichte und des Bekenntnisses der ernestinischen Fürsten des Hauses Wettin zur Lehre Martin Luthers.
Mit der Einrichtung einer neuen Schlosskirche auf der Veste Heldburg folgte Ernst der Fromme seinem Ziel, seine Residenzschlösser mit standesgemäßen protestantischen Kirchenräumen zu versehen. Die Ausstattung der neuen Heldburger Schlosskirche war vergleichsweise einfach und entsprach gleichwohl den damaligen Ansprüchen fürstlicher Repräsentation. Die Emporeneinbauten und die Deckenbögen waren mit Schnitzwerk und Malereien reich verziert. Sie erinnerten formalästhetisch stark an die Ausstattung der zwei Jahrzehnte älteren Schlosskirche im Gothaer Residenzschloss Friedenstein (Erstausstattung, heute in Gräfentonna). [Vgl. Fleck, Niels, Amtlicher Führer Heldburg, p 34. Zur Gothaer Schlosskirche ausführlich Fleck, Niels: Fürstliche Repräsentation im Sakralraum. Die Schlosskirchen der thüringisch-ernestinischen Residenzen im 17. und beginnenden 18. Jahrhundert (Kunstwissenschaftliche Studien, Bd. 181), Berlin/München 2015, S. 95–134.] (Abb. 19)

 

Bis ins Detail nahm der Herzog akribisch Einfluss auf das Baugeschehen wie auch auf inhaltliche Aspekte. Deutlich wird dies unter anderem an der geistvollen Gestaltung der Emporen mit biblischen Bildern und zugehörigen Sinnsprüchen wie auch an dem angelegten Bestand an Kirchenliteratur.
Mit der Einrichtung einer Fürstenloge in der Heldburger Stadtkirche setzte der Herzog ein Zeichen für Präsenz entsprechend dem landesherrlichen Kirchenregiment. Die ebenfalls dort eingebrachte Stiftung eines Epitaphs für seinen verstorbenen Bruder und Amtsvorgänger im Heldburger Land, Herzog Albrecht von Sachsen-Eisenach, ist Ausdruck inszenierter Herrschaftsgeschichte.
Die Heldburger Schlosskirche war nicht als außerordentlich genutzte Kapelle gedacht, sondern sie sollte als ordentliche Gemeindekirche für den gesamten Hofstaat dienen. [Zu den funktionalen Aspekten protestantischer Schlosskirchen vgl. Fleck, Niels: Fürstliche Repräsentation im
Sakralraum, besonders pp.14–20.] Sie wurde neben der Burggemeinde auch von den Gottesdienstbesuchern des Vorwerkes Neuhof genutzt. Selbst die Gemeinde Holzhausen war eine Zeit lang zur Veste gepfarrt.
Bis ins 19. Jahrhundert ordneten die Nachkommen Ernsts des Frommen öffentliche Gottesdienste auf der Veste an, selbst noch, als der Kirchenraum schon stark baufällig geworden war.
Über die Zeit der sakralen Nutzung des Saales im Französischen Bau gibt es bisher keine weiteren Nachweise. Hingegen ist die opulente Neuausstattung der Burgkapelle im Jungfernbau am Vorabend der Reformation gut nachvollziehbar.
In der 1942 revitalisierten Burgkapelle besteht nunmehr die Möglichkeit, Gottesdienste oder Andachten zu halten. Unter Berücksichtigung der Veranstaltungen und Präsentationen des Deutschen Burgenmuseums ist dies auch im Kirchensaal im Heidenbau denkbar. (Abb. 20)


Aus den Akten zur Orgel in der Schlosskirche:

Acta betr. den Bau der Schloßkapelle und Pfarrkirche zu Heldburg 1662-1664

 

Auszug aus dem Konvolut Dokumente Veste Heldburg Deutsches Burgenmuseum,

zusammengestellt von Inge Grohmann

Bl. 16
10. Februar 1663, Ernst Moritz, Orgelmacher, Gotha an Fürstl. Herrschaft, Angebot für die Herstellung einer Orgel mit Beschreibung und Bedarf an Material, unter anderem  1  Zentner Glas und vorgedachte (?) Zentner Blei und  Kosten soll sie einhundertdreiunddreißig Gulden Lohn zuzügl. Material, das zeitig bestellt werden muss, kosten. Sie würde in einem Jahr fertig sein.


Bl. 21
6.4.1663, Herzog e. z. S., Memorial nach Heldburg, soll geprüft werden, ob die Fenster im unteren Stock alle zugemacht werden können und ob dann noch genügend Licht vorhanden, wo im andern Stock die Fenster dann stehen sollen und wo wieder aus gebrochen werden soll…,z. B. um zum Singchor hinauf zu gehen, weil wegen des Tores nicht hinauf zu kommen und dahin versehens werden, wo es sich am besten schickt, zum anderen, wenn die Decke des Weizenbodens entfernt wird, ob die Säule ohne Gefahr heraus gebracht werden kann, welche die Decke gehalten; Der Orgelbauer möge selbst hierher kommen und sagen, wo die Orgel stehen soll „… weil nun der Predigtstuhl vom Saal hinunter in die Kirche solle geführt werdten, denselben so zu fuhren dass er kein Fenster bedarf, sondern das zwischen an Pfeiler zusehen können…“
„Was die kleine Küche in der Herzogin Vorgemacht betrifft, das was im Riß vorhanden mit  L:B: zu beschehen und indes dabei zu erneuern.“


Bl. 23- 26
16. April 1663, Herzog Ernst z. Sachsen an Amtsverw.  Wilhelmi. Nachdem der Kammerdiener Andreas Rudolff auf der Veste war, wird angeordnet, dass die Kirche nach dem beigelegten und erläuterten Bericht gebaut werden soll.


B. 24
13. April 1663, Herzog E. v. S. Bau-Geding zu Heldburg die Schlosskirche betreffend.
Maurer: 5 Fenster zu machen, 2 wo die Kanzel hinkommt, mit a a gezeichnet im Grundriss A. Auswendig in Lichten 6 Schuh weit, inwendig aber 9 Schuh, wie aus dem Riss D zusehen, die Höhe soll 10 Schuh im Lichten sein, im Weiteren siehe Zeichnung. Das Sohlstück der Fenster soll 12 Schuh hoch über dem Fußboden und über dem  Schluss des Fensterbogens  noch 3 Schuh bis zum Gebälk sein. „Zwischen diese beiden Fenster soll die Cantzel oder Predigtstuhl gesetzet werden.“
Die weiteren Fenster werden nachfolgend beschrieben wie im Riss angegeben.
Ein kleines Fenster soll gemacht werden, damit Licht in die Porkirche fällt. (für Maurerarbeit insgesamt 27 Gulden angesetzt.)
Zimmerleute:  In der Kirche sollen zwei starke Sparriegel im Riss mit C und e signiert aus Eichenholz 20 Zoll ins getrierde (?) dick, solang als die ganze Kirche breit ist unter das alte Gebälk dergestalt einziehen, dass sie nicht in mauern mit ihrem Ende 1 ½ Schuh aufliegen. An dem Ort, wo sie über J.F. Gnaden  Kirchstüblein gehen, sollen sie 2 starke Säulen, weil auch vom Eichenholz, in den Rissen auf A und C mit d.d. gezeichnet, untergesetzt und 4 starke Arme, mit f.f. signiert , auch von Eichenholz gefasst, und dem Riss hierinnen ..nach Gehörung werden, damit sie nicht zu tief zu stehen kommen, und das gesichte verhindern, auch oben von den alten Trägern ein Schuh zurück gesetzt, wie aus dem Riss klar zu sehen, davon 2 in die neuere Mauer und gering in obgedachte Säulen befestigt werden, um das Schieben zu verhüten, sollen 2 kurze Balken mit g. bezeichnet mit I.f.Gn. Kirchstüblein hin, von den Säulen an in die Mauer gehend eingezogen werden.
Weil auch die alten 3 Träger so von den Sparriegel getragen werden, 4 Schuh vom Singchor verstücket und übereinander geblattet sein, soll jeder mit einer starken Säule von Eichenholz im Riss mit h.h.h gezeichnet, mitten gesetzt werden, davon die eine mitten in die Porkirche zustehen kömmt, wo I.f.G. Kirchstüblein ist, die übrigen zwei aber stehen frei vorm Singchor, darauf die Orgel soll gesetzt werden. Sonsten soll die Brust an beiden Porkirchen 3 ½ Schuh hoch gemacht und das alte Untergebälk, wo i.f.G. Kirchstüblein ist, so breit diese Porkrichen wird, nämlich bis an die Säulen unter die Sparriegel, liegen bleiben, das übrige aber abgeschnitten und die Brust bei der Porkirchen, wie auch die Steige auf den Singchor mit i signiert, daran gemacht werden.
Die Zimmerleute sollten für diese Arbeit auch die Eichen fällen und ausschlagen. (insgesamt 25 Gulden für die Zimmermannsarbeit angesetzt)


Rückseite Bl. 26:

13. April 1663, Ernst z. S. an Gottfried Wilhelmi.
Titel:  „Die Heldburger Stadtkirche betreffend“
„Soll ein Fenster über der Kirchthür, das Licht auff den Adeligen Standt daselbst zu bringen, durchgebrochen, ablanget gemacht und vor das durchbrechen der Mauer, steinhauen und versetzen, dem Maurer zu seinem Lohn gegeben werden 1 ½ Gulden.“


Bl. 71-72
10. Mai 1664. Herz. Ernst z. S. an G. Wilhelmi, Orgelbauer Hans Moritz Weiß wurde als Orgelbauer für die neue Schlosskirche verdingt. Holz zum Stuhl, worauf das Werk gesetzt wird und das zum Bälgergerüst soll der Amtmann versorgen,  die Arbeiten auf Amtskosten durch einen Zimmermann ausführen  lassen und die Abrechnung zur Unterschrift einreichen, den Orgelbauer dann auf seine Kosten die nötige Unterstützung gewähren, Aufsicht über die Ausführung nach dem Geding, das in Copie übersandt wird, ausführen und dafür sorgen, dass ein verständiger Organist die Prüfung vornimmt. Zur Abholen des kleinen Werks (?) soll ein Wagen nach Königsberg geschickt werden. Sonst hat der Amtmann dem Orgelmacher nichts an Geld noch an Zehrung zu geben, weil das alles im Geding abgegolten wird.


Bl.  73-74
2. Juni 1664, Gottfried Wilhelmi an Ernst zu Sachsen. Berichtet, dass das Holz für die Orgel gemacht wurde und der Zettel der Zimmerleute zur Abrechnung eingereicht wird. Auch die Schreinerarbeit für den Stuhl  ist erfolgt, der Cantor Andreas hat die Orgel „beschlagen“ und alle Register ausprobiert und richtig abgestimmt. Er hat den Orgelbauer Moritz Weiß noch aufgetragen, wenn ein Defekt auftreten sollte, dass er diesen auf seine Kosten reparieren muss.


Bl. 76
Frage, ob nicht wenigstens unter der Borkirche erbitten ein Mannstand für die Diener gemacht werden soll, für die Orgel vor dem Singbaß (?) mit Brettern ein Gitter gemacht werden soll, der Zugang zur Orgel…zugemacht werden soll usw.


Bl. 78
ohne Datum, G. Wilhelmi, „Artikel insertum“, es geht wiederum an Fragen, ob Stufen zur Tür der Herzogin Vorgemach gemacht werden sollen,  um Schreinerarbeit für die Orgel , den Platz für die Blasbälge , welcher Gestalt die Mauer, die den Weizenboden gewesen, wie der Fußboden belegt werden soll, noch einmal geht es um die Blasbälge


Bl. 80-81
26. Juli 1664, Ernst z. S. an Gottfried Wilhelmi, Mitteilung, dass Malermeister Hans Heinrich Heller aus Waltershausen beauftragt, in der Schlosskirche die sechs Felder an dem fürstlichen Stand außen mit biblischen Geschichten wie sie ihm vorgegeben worden sind und die zwei Bögen  mit Engelsköpfen und Früchten, sowohl auch das Orgelwerklein zu mahlen und zu polieren und zwar alles weiß schattiert und solchs fleißig und gut zu machen. Das Kirchstüblein in der Stadt wie Decke der Altartafel  soll er blau und weiß machen mit Vorhängen, aber die Felder  der Decke mit Gewölcken. Zahlen soll man ihm, wenn alles richtig und fertig ist, 9 Taler von den sechs Feldern wo jedes 1 ½ Taler, Vierthalben Taler es die zwei Bögen und Orgelwerk, vierthalbe Taler was das Kirchstüblein in der Stadt zu machen.


Bl. 82
19. August 1663 (letzte Schrift ),Gottfried Wilhelmi an Ernst z. S., teilt mit, dass der Maler Hans Heinrich Heller angekommen und die Arbeit besehen und sagt, dass er diese Arbeit für das vereinbarte Geding nicht machen kann. Die die elf kleinen Schwippbögen sind im Geding gar nicht enthalten, ebenso nicht die kleinen Bögen in der Porkrichen sowie die Durchzüge durch den ganzen Bau, die eine Tür ebenmäßiger Art anfertigen, wo weniger Lohn gelassen. Das Orgelwerk selbst und die  zwei große Bögen sind einzuschließen. Das alles wertet seine Arbeit auf und ist nicht im Geding enthalten.  Auch kann er in der angegebenen Zeit diese Arbeit nicht alleine machen, er muss seinen Bruder mit arbeiten lassen,  den er zu bezahlen hat. Er ist abgereist und wird kommenden Dienstag, wenn es beliebt, wieder hier sein, er hat seine Sachen aber hier gelassen. In der Randbemerkung wird geschrieben, dass der Maler angefangen hat, die Tafeln der Kirche zu malen. Es wird eine Nachbewilligung beantragt.

Anmerkung aus einem anderen Dokument:
In einem Bericht über den desolaten Zustand der ehem. Schlosskirche wird erwähnt „…die Brücke, die wo die Orgel gestanden.“
Wenn die Orgel 1783 nach Hildburghausen gekommen sein soll, betätigt das, dass 1795 die Orgel nicht mehr da war.