1674 Aufstellung eines "Orgelwerckgen" des Orgelbauers Caspar Lehmann/Suhl in Haina. Es war etwa 1665 für Suhl-Heinrichs angefertigt worden, wo es einem größeren Werk weichen musste.
1718 wird ein Vertrag mit Nikolaus Seeber geschlossen. Dieser erstellte für seinen Geburtsort das wohl größte Instrument, das er je geschaffen hat. Bedingt durch die mangelnde Höhe am ursprünglichen Aufstellungsort konzipierte Seeber sein Werk waagerecht. Die Orgel erhält dadurch die geringe Tiefe von nur 80 bis 100 cm. Sie ist ein wunderschönes Zeugnis des vielfältigen thüringischen Hochbarock.
Hauptwerk:
1. Principal 4' I
2. Großprincipal 8' I
3. Viola di Gamba 8' II
4. Grobgedackt 8' I
5. Quintadena 4' II
6. Quinta 3' I
7. Octave 2' II
8. Spitzflöte 2' II
9. Sesquialtera 2f. III
10. Mixtur 3f. III
Schwellwerk:
11. Principal 2' I
12. Salicional 8' IV
13. Hohlflöte 4' I
14. Quinta 1 1/2' II
15. Cymbel 2f. III
16. Hautbois 8' IV
Pedal:
17. Subbaß 16' I
18. Principal/Oktavbaß 8' I
19. Waldflöte 2' I
20. Posaune 16' I
Manualkoppel, Tremulant
Stimmung nach Kirnberger II
Kategorie I: Original oder weitgehend originale Register mit bis zu vier rekonstruierten Pfeifen
Kategorie II: Bis zu 3/4 originaler Bestand, meist Soloregister
Kategorie III: Zirka die Hälfte originaler Bestand, meist Mehrfachregister
Kategorie IV: Rekonstruierte Register
= 4/5 der Register des HW gehören den Kategorien I und II an; das SW hatte den größten Verlust mit zwei zu rekonstruierenden Registern zu verzeichnen; das Pedal besitzt nur Register der Kategorie I.
1789 werden (unbekannte) Arbeiten durch Johann Michael Werner ausgeführt, bevor im Juli 1803 [Johann Heinrich] Schmidt/Schmiedefeld die Orgel reinigt und die Bälge repariert. Vor dem Neubau des Kirchenschiffes 1837-39 wurde die Orgel abgetragen und an ihrem heutigen Platz neu aufgebaut. 1886 kommt es zu einem vernichtenden Gutachten des Orgelrevisors Anschütz. Zu einem Neubau kommt es dennoch nicht, stattdessen reinigt und repariert Schmidt erneut. Eine erneute Revision 1896 hat das gleiche Ergebnis wie die vorherige, aus Geldmangel erfolgt wiederum kein Neubau. Eine Abgabe der Metallpfeifen erfolgt trotz Anweisung vom Mai 1917 nicht, nahezu alle Prospektpfeifen bleiben original erhalten. 1920 erfolgte eine neue Begutachtung durch Seminarlehrer Mitzenheim, auch er empfiehlt einen Neubau, und wieder kann die Gemeinde nicht zahlen, sondern beauftragt diesmal Ernst Kühn/Schleusingen mit der Reparatur. Dieser ersetzte die alten Keilbälge durch einen großen Magazinbalg, ein erster entscheidender Eingriff. Das Kriegsende 1945 übersteht die Orgel ohne Beschädigung. Im Frühjahr 1948 erteilt die Kirchgemeinde Gustav Kühn/Schleusingen einen Auftrag zu neuen Arbeiten. Kühn änderte die Tonmechanik und stellte die Töne auf pneumatische Anbauladen, d. h. stellte sie gleichzeitig auf Normaltonhöhe um, der schwerste Eingriff in der Geschichte dieser Orgel. 1961 bekommt sie einen Orgelventilator (später ausgetauscht), das originale Salicional 8' wird entfernt und durch ein Quintathön ersetzt. Nach einem weiteren Gutachten von 1985 durch KMD Lah wollte die Kirchgemeinde endgültig einen Neubau veranlassen und hatte bereits einen Auftrag an die Firma Schönefeld/Stadtilm erteilt. Vergleichsuntersuchungen kamen abschließend aber zu einem ganz neuen Ergebnis: 1992 entschied die die Kirchgemeinde für eine umfassende Restaurierung des wertvollen Instruments. Die Arbeiten wurden 1993/94 durch die Firma Schuke/Potsdam ausgeführt.
Die Hainaer Orgel mag auf einige Betrachter recht sonderbar wirken, da sie nicht in der üblichen Weise erstellt worden ist. Das 2. Manualwerk ist hier weder als Brust- noch als Oberwerk, sondern als Seitenwerk gebaut worden. Die Erklärung dafür ergibt sich aus dem Neubau des Kirchenschiffes, der in den Jahren 1837 bis 1839 stattfand. Während dieser Zeit war die Orgel abgetragen und erhielt im neuen Kirchenschiff ihren jetzigen Aufstellungsplatz. Dadurch verlor das Werk die über ihm befindliche Tonnendecke, in die es ursprünglich von Seeber hineingebaut wurde. Seeber baute seine Orgeln fast immer in der gleichen Art in das Halbrund der Tonnendecken. Diese Bauform des Kirchenschiffes war zu jener Zeit sehr verbreitet.
Warum Nikolaus Seeber beim Bau der Orgel in seinem Heimatort von seiner üblichen Prospektgestaltung abwich, kann nur vermutet werden. Sein Prospektaufbau zeigt deutlich die Art des Orgelwerkes an. In den meisten Fällen sind in der Mitte des Prospektes 5 Pfeifenfelder, in denen die Pfeifen des Register Principal 4’ stehen. Daran anschließend stehen zwei Pedaltürme mit hölzernen Zinnpfeifenimitationen, welche die Front der dahinter befindlichen Holzpfeifen des Pedalregisters Principalbaß 8' darstellen. Seeber baute in der Regel Orgeln mit einem Manual und selbständigem Pedal.
Betrachtet man sich das Hainaer Orgelwerk ohne den Prospekt, also nur das Innenleben, so erscheint der Aufbau durchaus logisch und aus einem Guss.
Da wir die örtlichen Gegebenheiten der Kirche, in die Seeber diese Orgel hineinbaute, nicht mehr kennen - diese wurde, wie schon erwähnt abgerissen und Ende der 30er Jahre des 19. Jahrhunderts neu aufgebaut - müssen wir uns diese vorstellen.
Die Tonnendecke war in der alten Kirche garantiert vorhanden und ansonsten nicht viel Platz auf der Empore, so dass Seeber mit den Windladen für das 2. Manual an die Seite ausweichen musste.
Die Selbstverpflichtung, für den Heimatort eine besondere Orgel, eben mit zwei Manualen und Pedal zu bauen, versteht sich wohl von selbst. Ein wahrscheinlich nicht zu übersehender Aspekt ist die Vorgängerorgel der alten Hainaer Kirche. Diese wurde 1674 von dem Suhler Orgelbauer Caspar Lehmann aufgestellt. Ursprünglich war das "Orgelwerckgen" für die Kirche von Heinrichs (heute Ortsteil von Suhl) im Jahre 1665 von Lehmann angefertigt.
Dort erbaute Lehmann 1674 ein neues und größeres Orgelwerk und nahm dafür das ältere und kleinere zurück, um es nach Haina weiterzuverkaufen.
Dies ist eine Praxis, die in dieser Zeit öfter anzutreffen ist.
1720 musste nun der in Haina geborene Seeber das Orgelwerkchen zugunsten seines Neubaus wegreißen. Dass er da Skrupel und garantiert auch Ärger mit den Mitbewohnern seines Dorfes bekam, ist verständlich. Außerdem war er mit dem Anblick dieser Orgel aufgewachsen und hatte mit großer Wahrscheinlichkeit an diesem Instrument gespielt.
Vielleicht zerschnitt er deshalb den Prospekt des alten Orgelwerkes in der Mitte und baute es als Prospektteile an die neue Orgel. So war seiner Selbstverpflichtung nach einem besonderen Instrument, wie auch der möglichen Meinung aus dem Dorfe, Genüge getan.
Eigenartigerweise wurde in dem vom Geistlichen Untergericht Römhild im "Orgel - Contract vom 23. März 1718" der Bau des Gehäuses so angegeben, dass er dieses "von guter Schreiner Arbeit und in sieben Thürmen oder Felder" zu liefern habe - eben genau so, wie die Gehäuse- und Prospektbauweise von Seeber bekannt geworden ist. Dass er zwei Jahre später von diesem Vertrag abweicht und statt der 7 Pfeifenfelder 11 in den Prospekt setzte, bestätigt eigentlich nur die oben genannte Vermutung in Bezug auf das Vorgängerorgelwerk.
Kurz vor der Vollendung der Hainaer Orgel, am 14. Oktober 1720, war der Orgelbauer nach Marisfeld geritten, um sich Restzahlungen, für die von ihm gebaute Orgel, in Höhe von 4 Talern und 17 Gulden abzuholen.
Attestatum des Meininger Organisten Joh. Nicol. Meder über die von Nicol. Seeber gebauten Orgeln in Mendhausen (1719) und Haina (1720)
Demnach auff der Hochfürstl. Sächs. Ambts und Geistl. Unter Gerichts zu Römhild Grosg. Genehmhaltung ich requiriret worden, S.T.H. Nicolaus Sebers Berühmten Musico und Stadt Organisten daselbst Beede zu Gottes Ehre neu verfertigte OrgelWercke Als das erste zu Mendhausen 1719. Johanni, und das andere zu Hayna den 30. 8bris 1720 in ptaesantia des Hoch Ehrw. pp Herrn Laurentij Hartmann Schencken, Hochverordneter Superint. u. Assessoris Cons. inferni und S.T. des Hochfürstl. Ambtmanns H. Güttichen, deren Herren Pastorum und Gemeinden jeglichen Orts nach meiner geringen Science u. Pflichten zu tentiren, wie auch alle darzu gehörige requisita zu examiniren, so attestire pflichtgemäßig und ohne einige flatterie, dass solche Wercke also befunden:
1.) Sind die Corpora oder Geheuß Thürme Beeder Wercke nach der Architectur und prportion wohlgemacht.
2.) Die Bälge haben ihre ordentliche Länge und Weite nach der Proportion und sind mit Pferdadern und zum Überfluß mit großen Adern an den Seiten verwahret, und angebohrt, welches man in wenigen Wercken findet. Der Wind ist ordentl. abgetheilet u. nach der Probe und Wind Wage abgewogen, dass jede Stimme im eintzeln, so wohl, alß Zu Ziehung des gantzen Wercks sattsamen Wind hat, und nicht der geringste Tremor oder Schlucken vermerket wird.
3.) Die Windführungen sind wohl und Dauerhafft gemacht, auch durch einen scharffen, doch darbey Lieblichen Wind also ein gerichtet, dass nicht das Geringste darbey vorfallen kann.
4.) Die Wind Laden u. Cancellen sind des gleichen fleißig ausgearbeitet, und eingetheilet, dass jede Pfeiffe ihren ordentlichen Wind hat, und kein Durchstecher, Heuler oder Zusammen Lauffen der Register zu mercken ist, und sind die Pfeiffen Stöcke also weit gesetzet, dass man zu ieder Pfeiffe kommen und derselben helffen kann.
5.) Das Pfeiffen Werck allzusammen ist an Zien u. Metall wohl legieret, und sauber gelötet, auch also intonieret, dass eine jegliche Stimme ihren ordentlichen Ton von sich giebet und nicht eine hauchet, u. die andere Doup oder starck gehet, und ist nur der modus im Spielen der Violadigamb. u. Salicional wohl in Acht zu nehmen, welche flüchtig und auff eine andere Art alß ein Principal zu tractiren.
6.) Die Register sind auch gut geführet, lassen sich gemachsam heraus u. ein führen, so sind auch die Claviere und Pedal nach Gelegenheit der Verführung, so manchmahl in Brust Positiven nicht anders an zu bringen, wohl zu tractiren u. bey Veränderung des Wetters mit Schrauben versehen.
7.) Was das Vornehmste ist, so habe solche Wercke nach der heutigen Stimmung u. Monocordo Wohl und zieml.maßen intoniret, und einer Liebl. Harmonie und reinem Klang angetroffen, andere Qualitäten zu übergehen.
Wann dann obengedachter Herr Seber alß Meister u. Verfertiger dieser Wercke, welche, wie vorgesetzte puncta zeigen, in Wahrheit Wohl u. gut gemacht, mich umb ein Glaubwürdig Attestat, welches er wieder so wohl Hohen alß niederigen Standes vor zeigen könne, gebeten, alß habe zu Steuer der Wahrheit hiermit gegen iedermänniglichen attestieren wollen, dass ged. Herr Seber ein Orgel Werck mit allen requisiten nach der neuen Art ohne Mangel zu verfertigen wohl geschickt u. qualifiziret, und also Ihme der Gleichen Arbeit zu verdingen man wohl gesichert sey, dahero ich dessen Persohn, und wohl fundirte Orgelmacher Kunst iedermänniglichen hier durch ohne einiges Bedencken u. mit gutem Gewissen recomendire mit der Versicherung, dass Er dasjenige was er accordiret zu praesentiren wohl im Stande sey, Wie dann das Werck bereits den Mstr. lobet; Zu mehrer Beglaubigung, habe dieses auff sein Begehren unter eigenhändiger Unterschrifft u. Besiegelung von mir gestellet. So geschehen in der Fürstl. Sachs. Hennebg. Residentz Meiningen den 7. Nov. 1720
( L.S. ) Joh. Nicol. Meder
E E. Raths, Kirchen Probst
Hospital Casten Verwalter
u. Organist das."
Der von Nicolaus Seebers Bruder gestiftete Altar.
Die Inschrift:
Zu Ehren
der heiligen Dreifaltigkeit,
Gott Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes,
und in ewiger Erinnerung
an den Urheber oder Stifter
dieses [im Jahr 1733 errichteten] Altars,
Peter Seeber, gestorben in London.